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Sönke Schulz: So wird sich der Buchmarkt 2015 entwickeln

Sönke Schulz: So wird sich der Buchmarkt 2015 entwickeln

Schlechte Perspektiven für Filialisten, wachsende Titelzahlen auf Anbieterseite und ein gebremstes eBook-Wachstum – Sönke Schulz von Tredition bringt auf den Punkt, welche Tendenzen den Buchmarkt 2015 kennzeichnen werden und was das für Selfpublisher bedeutet.

Buchhandel

Ausgangslage
Das Weihnachtsgeschäft darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Buchhandel das Jahr 2014 nicht gut abgeschlossen hat: Gemäß Erhebungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ging der Umsatz im Buchhandel 2014 um 2,1% zurück. Inflationsbereinigt liegt der Rückgang sogar bei 3%.

Prognose

  • Filialisten weiter unter Druck: Filialisten bleibt keine andere Wahl, als weiter Flächen zu verkleinern oder komplett zu schließen – was insgesamt wieder den Gesamtumsatz des Buchhandels drücken wird.
  • Buchhandel vor Ort profitiert: Laut Börsenvereinsstudie hat der „Buchhandel vor Ort“ (exklusive der Vertriebswege Bahnhofsbuchhandel, E-Commerce und Kauf-/Warenhäuser) 2014 mit 1,2% ein nicht ganz so starkes Umsatzminus zu verzeichnen. Es darf also die Prognose gewagt werden, dass es inhabergeführten Buchhandlungen – mit einem entsprechenden Kundenstamm und innovativen Geschäftskonzepten – am ehesten gelingen kann, neue Wertschöpfung zu generieren.

Die Konsequenz für Selfpublisher: Mit 48,6% Umsatzanteil ist der Sortimentsbuchhandel gemäß den Erhebungen „Buch und Buchhandel in Zahlen“ des Börsenvereins nach wie vor der wichtigste Vertriebsweg für Bücher in Deutschland. Der Internetbuchhandel steht hingegen erst für 16,3% des Umsatzes – eine Zahl, die in der allgemeinen Branchendiskussion oftmals in den Hintergrund rückt. Für Selfpublishing-Autoren ist und bleibt es also unverzichtbar, den Kontakt zum „Buchhändler um die Ecke“ zu suchen, um sich im stationären Geschäft Präsenz zu verschaffen. Gerade angesichts der tendenziell rückläufigen Umsatzlage ist jeder Autor gut beraten, nicht eingleisig zu fahren, sondern sein Buch über möglichst viele Vertriebswege (stationär und online) anzubieten.

Buchveröffentlichungen

Ausgangslage
2014 waren in Deutschland (gemessen am Amazon-Katalog) über 300.000 eBook-Titel lieferbar – Tendenz steigend. Auch über Print-on-Demand-Verfahren (PoD) kommen jede Menge Titel auf den Markt, darunter nicht nur Selfpublishing-Titel, sondern auch zahlreiche Backlist-Titel, die dank moderner Drucktechnologien reaktiviert werden können und neben den Novitäten um die Gunst der Leser ringen.

Prognose

  • Weiter starkes Titelwachstum: Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl lieferbarer Bücher weiter stark ansteigen wird, sowohl auf elektronischem Wege als auch im Printbereich.
  • Höhere Volatilität bei Bestsellern: Da eine immer größere Bandbreite an Titeln zur Verfügung steht, sinken Absatz und Umsatz pro Titel. Bestseller werden sich folglich immer weniger hoch verkaufen.
  • Verlage unter „Output-Druck“: Vor allem große Verlage werden gezwungen sein, mehr Titel auf den Markt zu bringen, um auf diese Weise den Umsatz zu stabilisieren.

Die Konsequenz für Selfpublisher: Es eröffnet sich die Chance, mehr eigene Titel auf den Bestsellerlisten zu platzieren. Auf diese Weise kann es gelingen, mit neuen Themen und Ideen Trends zu setzen und neue Zielgruppen zu erschließen.

Print versus eBook

Ausgangslage
Es kann nicht oft genug gesagt werden: Es entfallen „nur“ 3,9% des Gesamtumsatzes mit Büchern in Deutschland auf das eBook. Zugleich platzieren sich neue Anbieter im Bereich der Abo- und Flatratemodelle. Der Start von Kindle Unlimited entfachte die Diskussion neu, wie Verlage sich demgegenüber positionieren sollten. Was wird also 2015 im eBook-Markt passieren?

Prognose

  • Weiter gebremstes eBook-Wachstum: Oftmals vollzieht sich mit etwas Verspätung die gleiche Entwicklung wie im US-amerikanischen Buchmarkt, in dem die Wachstumsdynamik im Bereich eBook seit einiger Zeit wieder nachlässt. Bereits 2013 hatte sich das eBook-Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr verlangsamt. Offizielle Erhebungen zum Gesamtjahr 2014 liegen zwar noch nicht vor, doch ist die Tendenz im US-Markt eindeutig: Mit einigen Ausnahmen haben „die meisten großen eBook-Händler in den vergangenen 12 bis 18 Monaten mit stagnierenden oder rückläufigen Umsätzen“ zu kämpfen, schrieb beispielsweise Mark Coker, Gründer und CEO der Selfpublishing-Plattform Smashwords, im November 2014.
  • Der Print-Absatz steigt wieder: Noch einmal sei auf die Entwicklung in den USA verwiesen. Gemäß jüngster Erhebungen von Nielsen Book Scan sind die Printabsätze 2014 um 2,4% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Ein vergleichbarer Effekt ist auch hierzulande zu erwarten.
  • Verlage verabschieden sich von der Flatrate: Je stärker Flatrate-Abos von Lesern genutzt werden, desto stärker leidet der tatsächliche Umsatz mit eBooks. Das werden Autoren und Verlage schmerzlich zu spüren bekommen und es ist davon auszugehen, dass mittelfristig erste Verlage den Rückzug aus den Flatrate-Modellen antreten werden.

Die Konsequenz für Selfpublisher: Autoren und Selfpublishing-Dienstleister tun gut daran, auf beide Formate (print + eBook) gleichermaßen zu setzen, deren Vorteile konzeptionell auszuschöpfen (Verlinkungen, anspruchsvolles Coverdesign, Illustrationen) und damit jeder Leserpräferenz zu genügen.

Selfpublishing

Ausgangslage

In den vergangenen Jahren ist in Deutschland die Zahl der Novitäten im Selfpublishing kontinuierlich auf zuletzt über 40.000 Titel (print + eBook) in 2014 gestiegen. Traditionelle Verlage haben 2014 mit eigenen Plattformen reagiert (z.B. Lyx Storyboard von Egmont) bzw. Dienstleister aufgekauft (Bastei Lübbe holte Bookrix unter sein Dach).

Prognose

  • Starkes Titelwachstum: Alles spricht dafür, dass sich dieses noch junge Marktsegment auch 2015 dynamisch und wachstumsstark weiterentwickeln wird.
  • Mehr Hybridautoren: Die Zahl jener Autoren, die die Vorzüge des Selfpublishing zu schätzen wissen und zugleich klassische verlegerische Dienstleistungen (Lektorat, Illustration etc.) in Anspruch nehmen oder parallel bei traditionellen Verlagen veröffentlichen, wird weiter zunehmen.
  • Verlage unter Druck: Lektorate sehen sich plötzlich damit konfrontiert, dass ihre Stammautoren selbstbewusst entscheiden, welche Titel sie unter etablierter Verlagsmarke herausgeben möchten und welche auf dem Wege des Selfpublishing.
  • Etablierte Marktteilnehmer steigen ein: In Kürze wird ein bedeutender Vertreter der deutschsprachigen Buchbranche in den Selfpublishing-Markt einsteigen. Mehr darüber wird exklusiv auf tredition.de zu lesen sein.

Die Konsequenz für Selfpublisher: Für Selfpublishing-Autoren erweitern sich die Möglichkeiten, ihr Buch auf den Markt zu bringen und die Chancen, mittelfristig unter traditioneller Verlagsmarke zu veröffentlichen. Zugleich wird es immer schwieriger, die Aufmerksamkeit der Leser zu gewinnen. Ein Fokus sollte also darauf gelegt werden, dass das eigene Buch möglichst gut auffindbar ist (über flächendeckende Distribution, Metadaten, Rezensionen, Self-Marketing etc.).

Sönke Schulz ist Geschäftsführer des Selfpublishing-Dienstleisters Tredition (Hamburg), der die über die Plattform veröffentlichten Titel parallel in den Ausgabeformaten Taschenbuch, Hardcover und E-Book anbietet.

Kommentare

1 Kommentar zu "Sönke Schulz: So wird sich der Buchmarkt 2015 entwickeln"

  1. Hallo Herr Schulz, danke für den beitrag. Da sehen wir mal dann mit Gespanntheit einem sicherlich aufregenden 2015 entgegen! Mal schauen, welche Ihrer Annahmen eintrifft und welche nicht. Beste Grüße, Andreas von der Heydt

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