Bildungsverlage klagen über rückläufige Investitionen von Staat und Eltern mit entsprechenden Umsatzrückgängen im Schulbuchgeschäft. Dass der Sortimentsbuchhandel 2009 gleichwohl mehr Schulbuchumsätze realisiert hat, ist dabei gar kein Widerspruch.
DieDas Schulbuchgeschäft insgesamt vermittelt eine Ahnung von der zerklüfteten deutschen Bildungspolitik. Die Bundesländer versorgen ihre Schüler und Schulen nach unterschiedlichen Modellen mit Lernliteratur: teils kostenlose Ausleihe, teils Elternkauf oder etwa Buchvermietung gegen eine Gebühr in Höhe eines Drittels des Kaufpreises. Der Einkauf selbst erfolgt teilweise über einen Zentraleinkauf der Kommunen als Schulträger, teils kaufen die Schulen in Eigenregie ein. Je nach Einkaufsvolumen muss europaweit ausgeschrieben werden, ein Verfahren, das formal sehr aufwendig ist,wegen der Buchpreisbindung wenig Sinn macht und häufig zu Losentscheiden führt mit der Wirkung, dass Lieferanten am anderen Ende der Republik den Zuschlag bekommen.
Im Zuge dieser Praxis hatten die lokalen Buchhändler Marktanteile verloren u.a. an Spezialisten, die sich bundesweit auf die großen Ausschreibungspakete konzentrierten und abwickeln. Das Pendel scheint jetzt aber wieder ein Stück weit zurückzuschwingen: So hat der stationäre Sortimentsbuchhandel zuletzt von dem verlagsseitig beklagten Umsatzrückgang nichts gespürt, sondern mit Schulbüchern und Lernhilfen nach buchreport-Berechnungen sogar Zuwächse in der Größenotrdnung von 4% erzielt. Gründe:
- Mittlerweile trauten sich mehr kleinere Buchhandlungen, sich an den komplizierten Ausschreibungsverfahren zu beteiligen, beobachtet etwa die NRW-Börsenvereins-Geschäftsführerin Gabriele Schink.
- Zum Teil haben nach Einschätzung der Rechtsabteilung des Börsenverein-Hauptverbands in den letzten beiden Jahren auch die Kommunen statt europaweiter Ausschreibung großer Einkaufslose ihren Schulen den Einkauf überlassen, wovon in der Regel der lokale Handel profitiert, häufig in Form beschränkter Ausschreibungen.
- In der Abwicklung des Schulbuchgeschäfts erfahren Sortimenter verstärkt Unterstützung von Dienstleistern wie dem Großhandel oder Spezialisten wie Kibula (Lippstadt), der im Verbund mit der eBuch-Genossenschaft ein Schulbuch-Zentrallager („Schulbuch-Anabel“ ) anbietet.
Regional kommt es allerdings weiterhin zu starken Nachfrageschwankungen. Beispiel Saarland: Nach einer einmaligen Anschubfinanzierung des Landes wegen der Umstellung vom Elternkauf auf die Schulbuchmiete fürchtet der Verlegerverband VdS Bildungsmedien (fast) keinen Neukauf mehr für die nächsten drei Jahre.
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