Ihr Stellenwert als Seismograf der Branche ist unstrittig: Auf der in knapp vier Wochen beginnenden Frankfurter Buchmesse wird sichtbar, wohin die Reise für die Verlage und damit auch für den verbreitenden Buchhandel gehen wird. Frankfurt wird in diesem Jahr zur Bühne für ein Kind, das sich jahrelang mit dem Laufenlernen schwer tat. Das E-Book und die Transformation des Contents gehören zu den großen Themen der Leistungsschau.
„Die Verlagsbranche zählt immer noch zu den stärksten Sparten der Kultur- und Kreativindustrie, weil sie sich darauf versteht, die fortschreitende Digitalisierung zu ihren Gunsten zu nutzen“, beschwört Messechef Juergen Boos. Auf die vielschichtigen Problemstellungen, die mit Übersetzung der Inhalte in die Sprache der Bits und Bytes einhergehen, müssen an vielen Stellen allerdings noch adäquate Antworten gefunden werden.
Den Finger am Puls der Daten-Pipelines
Die laufenden Entwicklungen werden auf der Messe an vielen Stellen sichtbar:
- Das Angebot an digitalen Produkten wächst weiter: Insgesamt 381 Aussteller, die sich für Frankfurt angemeldet haben, führen nach Angaben der Ausstellungs- und Messe GmbH elektronische Bücher in ihrem Sortiment.
- E-Books stellten im letzten Jahr etwa 2% der ausgestellten Produkte: „Mit dem anlaufenden Hype um die neue Generation von Lesegeräten wie Kindle,
- iLiad und Sony E-Reader ist für 2009 aber jede Menge Bewegung im Markt zu erwarten“, prognostiziert die Ausstellungs- und Messe GmbH. Die neuen Geräte werden in Frankfurt dem Fachpublikum und der Öffentlichkeit präsentiert.
- Das Thema „Digitalisierung“ wird vor allem in Halle 4.2 dominieren. Das Forum Innovation, organisiert von der Hamburger Unternehmensberatung Heinold & Spiller, fächert das Spektrum des Electronic Publishing und digitaler Bibliotheken auf, auch das Börsenvereins-Renommierprojekt libreka! hat seinen Auftritt. Am Start in 4.2 sind auch Google und Amazon.
- Der Börsenverein will seinen Mitgliedern mit dem Forum Zukunft am Stand des Verbands (Halle 4.0) einen Wegweiser in das Zeitalter von E-Commerce und Social-Web-Aktivitäten weisen.
- Publikumsverlage wie S. Fischer oder Hoffmann und Campe klinken sich ein und enthüllen neue Geschäftsmodelle: „Wie Belletristik online funktionieren kann“ will der erstmals eingerichtete Gemeinschaftsstand Books & Bytes in Halle 3.0 zeigen.
- In die laufende Debatte schaltet sich auch buchreport ein. „E-Books – schöne neue Bücherwelt?“ lautet der Titel einer Podiumsdiskussion am „Spiegel“-Stand (Halle 3.0, D 101, Mittwoch, 15. Oktober 12 Uhr).
Offene Baustellen garantieren heiße Debatten
Im Kontext der E-Book-Debatte in Frankfurt werden auch die Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle spielen. Mit der Buchpiraterie beschäftigt sich u.a. die International Publishers Association bei ihrem Jahreskongress am Messe-Freitag, die deutschen Verlage hadern – das wurde noch einmal Anfang vergangener Woche bei der Sitzung der AG Internetpiraterie deutlich – weiter mit dem Gesetzgeber, der die Verfolgung der Piraten fast unmöglich mache.
- Beim Kopierschutz gibt es keinen Konsens in der Frage, ob elektronische Bücher mittels Digital Rights Management (DRM) kopiergeschützt werden sollen, wie momentan vom Online-Handelsriesen Amazon praktiziert. „DRM-Maßnahmen können den Download-Prozess verkomplizieren und beim Kunden zum Frust und mitunter zum Abbruch des Kaufvorgangs führen“, monierte unlängst Franziska Schiebe, Online-Beauftragte im Campus Verlag.
- Auch bei der Preiskalkulation hat die Branche noch keinen einheitlichen Weg gefunden, wie teuer elektronische Bücher im Vergleich zu ihren gedruckten Pendants sein dürfen. Noch brisanter ist der kontroverse Diskurs über die Preisbindung von E-Books. Buchhändler und Verleger beschäftigt die Frage, ob ein fester Verkaufspreis für E-Books auf der Basis des Preisbindungsgesetzes unerlässlich ist oder ob Ausnahmeregelungen möglich sein sollten.
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