Springer Nature will den nachgebesserten Weg der Open-Access-Initiative Plan S mitgehen: Der Wissenschaftsriese hat angekündigt, „die überwiegende Mehrheit” seiner englischsprachigen Zeitschriften in transformative Zeitschriften umzuwandeln, um sie so schrittweise vom Abomodell auf Open-Access-Finanzierung umzustellen. Darunter sollen auch die Flaggschiff-Zeitschrift „Nature“ sowie die Nature Research-Zeitschriften fallen.
Allerdings gelte all das zunächst nur vorbehaltlich, betont der Verlag, weil Plan S die Anforderungskriterien zu seinem angekündigten Transparenzgebot noch nicht veröffentlicht hat.
Kurswechsel der Plan-S-Architekten
Die ambitionierte EU-Initiative Plan S sah ursprünglich vor, dass alle öffentlich finanzierte Forschung ab 2020 frei zugänglich, also Open Access (OA), sein müsse. Der Fahrplan wurde aber bereits im Sommer 2019 wegen Bedenken und Modifizierungswünschen vieler Verlage und Organisationen um ein Jahr nach hinten verschoben und soll nun zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.
Ein Haupt-Kritikpunkt vieler Verlage war von Beginn an, dass die Plan-S-Architekten zunächst keine Hybrid-Journals (Abo-Zeitschriften, in denen auch OA-Publikationen möglich sind) als probates Mittel zur Umstellung auf OA zulassen wollten. Das hat sich jetzt geändert: Unter gewissen Voraussetzungen sollen solche Mischpublikationen jetzt doch anerkannt werden, um den Forschenden die Möglichkeit zu geben, weiterhin in einer Vielzahl von Zeitschriften veröffentlichen zu können.
Offiziell ist im Plan S von einer „transformativen Zeitschrift” die Rede: Das sei, so die Grunddefinition, eine „Subskriptions-/Hybridzeitschrift, die den Übergang zu einer vollwertigen (Open-Access-)Zeitschrift anstrebt. Darüber hinaus muss ein transformative journal den Anteil der Open-Access-Inhalte schrittweise erhöhen und die Abonnement-Einnahmen aus Zahlungen für Verlagsdienste ausgleichen (um Doppelzahlungen zu vermeiden).” Über die Anforderungen im Detail informiert die Plan-S-Initiative hier auf ihrer Webseite.
Springer Nature: grundsätzlich bereit, aber…
Die jetzt angepassten Wachstumsziele und anderen Kriterien von Plan S seien zwar eine „große Herausforderung – aber eine, der sich der Verlag stellt“, sagt Steven Inchcoombe, Chief Publishing and Solutions Officer von Springer Nature. Und: „Wichtig ist auch zu betonen, dass wir noch Klarheit hinsichtlich der noch nicht veröffentlichten Transparenzanforderungen benötigen.“
Ob Autoren die so entstehenden OA-Zeitschriften tatsächlich als Option für Veröffentlichungen bewerten, hänge jetzt davon ab, „dass auch die Nachfrageseite – Forscher, Institutionen und Forschungsförderer – ähnliche Verpflichtungen eingehen, um diesen Weg zu OA zu unterstützen, und letztendlich auch davon, dass diese Verpflichtungen nicht nur bis 2024, sondern langfristig darüber hinaus gelten.“
Springer Nature hatte sich bereits in der Vergangenheit für transformative Zeitschriften ausgesprochen, mit folgenden Argumenten: Sie helfen
- kleineren Verlagen ebenso wie Ländern und Förderern, für die nationale Vereinbarungen, wie z.B. die deutschen „Deal”-Verträge, eine Herausforderung darstellen
- hochselektiven Zeitschriften, bei denen noch geprüft wird, wie sie Teil von nationalen Vereinbarungen werden können
- Zeitschriften, die neben Forschungsartikeln auch andere Inhaltsformate enthalten, sodass der rein wissenschaftliche Anteil auf OA umgestellt werden kann, während die anderen Beiträge alternativ finanziert werden können.
Ich verstehe nicht, warum in der Berichterstattung zum Thema OA stets das Thema Piraterie weggelassen wird. Die scheint mir doch der eigentliche Treiber hinter OA zu sein. Wer macht sich denn als Wissenschaftler noch die Mühe herauszufinden, ob ein Titel von Springer oder Wiley oder sonstwem ist? Selbstverständlich gehen die Forscher routinemäßig auf die einschlägigen russischen Seiten. Da kriegt man so ziemlich alles, jedenfalls im Bereich aktuelle Naturwissenschaften; man kriegt es einfach, schnell und umsonst; und gibt es was mal nicht, wird es innerhalb weniger Stunden nachgeliefert. Entsprechend ist es nicht wahnsinnig entgegenkommend oder großzügig von den Verlagen, sich auf OA einzulassen, sondern eine absolut notwendige Umstellung ihres Geschäftsmodells. Jetzt zahlen halt die Autoren bzw. deren Institute.
Bedenklich finde ich dabei, dass 1) das wissenschaftliche Publikationswesen so zunehmend in die Abhängigkeit eines bekannten „lupenreinen Demokraten“ o.ä. gerät und 2) wissenschaftliche Publikationen vermehrt davon abhängig werden, ob und wieviel Geld die Autoren haben bzw. einwerben können.
Gut dabei ist, dass jetzt auch Interessierte in Hinterindien (gibt es das überhaupt?) für kein Geld an die Sachen rankommen, aber das ist eigentlich schon seit Jahren Standard. Es wird halt jetzt neuerdings durch OA subventioniert.