Nach einem langsamen Start kam das Weihnachtsgeschäft auf beiden Seiten des Atlantiks schließlich doch noch in Schwung. Ein fulminanter Endspurt in den letzten Tagen vor dem Fest hat dem Buchhandel in Großbritannien und den USA den Jahreswechsel versüßt. In Jubelstürme ist in beiden Ländern allerdings niemand ausgebrochen, denn die Kassen haben wohl nicht laut genug geklingelt, um ein ansonsten schwaches Jahr noch umzubiegen.
In den USA, wo der Buchhandel bis Ende Oktober kumuliert um 2,4% zurücklag, weisen die ersten Indikatoren für das Weihnachtsgeschäft ein deutliches Plus aus. Bei Barnes & Noble lief es so gut, dass der Branchenprimus entgegen allen Gepflogenheiten bereits vor der Veröffentlichung der offiziellen Zahlen mit seinem Umsatzzuwachs von 9,7% für die neun Wochen bis zum 1. Januar an die Öffentlichkeit ging.
Auch aus dem unabhängigen Buchhandel kommen laut „Publishers Weekly“ jede Menge positiver Rückmeldungen. Viele Indies hatten trotz heftiger Schneestürme im Osten und Mittleren Westen sowie sintflutartiger Regenfälle in Kalifornien deutlich mehr Dollars in der Kasse. Stellvertretend sei City Lights Bookstore in San Francisco erwähnt: Amerikas Buchhändler des Jahres hat für Dezember ein Plus von satten 9,5% ausgerechnet. Wie so viele Sortimenter begründet Chefeinkäufer Paul Yamazaki („Konsumenten schätzen Indies wie nie zuvor“) das gute Abschneiden insbesondere mit der „Buy Local“-Bewegung des Einzelhandels, die in den USA immer mehr Zuspruch findet.
Versöhnlicher Kassensturz nach heftigen Wetterkapriolen
Der heftige Wintereinbruch hatte wie in Deutschland auch weite Teile Großbritanniens seit Ende November mit Dauerfrost, Schneefall und Eisglätte lahmgelegt und dem Buchhandel zunächst die Stimmung völlig verdorben: In der ersten Dezemberwoche hatte Nielsen BookScan den High-Street-Umsatz mit einem Minus von 18,4% abgerechnet. Am Ende fiel der vorläufige Kassensturz für Dezember etwas versöhnlicher aus: Nach einem Plus von 26,6% in der Weihnachtswoche fehlten am 25. Dezember nur noch 1,9% zum Vorjahr.
Trotz der knallharten Rabattschlacht, die sich die Buchketten, Supermärkte und Amazon auf der Insel auch 2010 geliefert haben, haben viele unabhängige Buchhändler die umsatzstärkste Zeit des Jahres ebenfalls positiv über die Runden gebracht und das ganz ohne exorbitante Preisnachlässe, überwiegend sogar zu den den Verlagen empfohlenen Ladenpreisen. In einer Umfrage des „Bookseller“ haben 41,7% aller Sortimenter bessere Umsätze als im Dezember 2009 gemeldet, knapp 38% hielten das Vorjahresniveau.
Im Gegensatz zu den Amerikanern, die mit der Autobiografie von Mark Twain 100 Jahre nach dessen Tod einen unerwarteten Weihnachtsbestseller hatten (buchreport berichtete), war der Spitzentitel der Briten alles andere als ein Geheimtipp. Zum dritten Mal nach 2001 und 2005 stammte das Weihnachtsbuch von Jamie Oliver. Der Briten liebster Fernsehkoch hat sich mit „Jamie’s 30-Minute Meals“ selbst übertroffen: In nur drei Monaten gingen fast 1,2 Mio gebundene Exemplare über den Ladentisch und die Nachfrage ist ungebrochen. Kein Sachbuch war erfolgreicher, seit BookScan 1998 begonnen hat, die Absatzzahlen statistisch festzuhalten.
Ein Trend war in Großbritannien und den USA 2010 ausgeprägter denn je: Weihnachten beginnt immer später. Zwischen den Jahren waren die Läden zum Teil voller als am Tag vor Heiligabend. Vor allem im Königreich spielten sich am 2. Weihnachtstag chaotische Szenen ab, als sich Millionen in den Winterschlussverkauf stürzten.
In den Innenstädten und den großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese ging zum Teil gar nichts mehr. In Brent Cross im Norden Londons brachten Preisnachlässe bis zu 80% pro Minute 10000 Pfund in die Kasse. In Bluewater an der Südostküste wurden bis 11 Uhr über 50000 Besucher gezählt. Um den erwarteten Ansturm zu bewältigen, hatten die großen Ladenketten teilweise schon morgens um 5 Uhr geöffnet.
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