Wenn in den letzten Jahren die Markt-Verteilung der großen E-Book-Plattformen zur Sprache kam, ging es immer um Amazon, meist als Platzhirsch, daneben waren oft lokale Plattformen zu sehen und gerne an dritter oder vierter Stelle stand das Unternehmen aus Cupertino, in Branchenkreisen wird etwa für Deutschland mit geschätzten 10% Marktanteil argumentiert. Eigentlich verwunderlich, wenn man über digitale Lesegeräte nachdenkt, Tablets und jetzt mit großem Schwung Smartphones, Produkte, für die Apple im Kern ja steht.
Gleichzeitig hatte man mit iBooks Author auch noch ein einfaches Publikationstool speziell für auf diese Devices optimierte Inhalte angeboten. Und trotzdem zündete der Funke nicht wirklich. Amazon zog, mit einem eingeschränkten Single Purposed Device wie dem Kindle, aber auch einer umfassenden Angebots-Ökonomie auf der Überholspur an Apple vorbei.
iBooks gewinnt enormen Zulauf
Bei aller Konzentration auf das Audio-Angebot schienen unter Steve Jobs digitale Bücher lange nicht im strategischen Fokus zu stehen. Mit der festen Verbindung von iBooks und dem neuen Betriebssystem iOS8 hat hier definitiv ein Umdenken stattgefunden, nicht umsonst hatte Keith Moerer, Director iBooks, auf der Digital Book World 2015 in New York mit der Nachricht aufgetrumpft: “1 million new iBooks customers each week since iOS 8 launch“. Momentan nutzen 70% aller Apple-Adepten das neue Betriebssystem, dieser Wert wird sicherlich noch weiter ansteigen und dazu führen, dass zwangsläufig das Gros der iPhone- und iPad-Nutzer iBooks quasi per Dekret auf dem Gerät hat. Nicht zu vergessen: alle Nutzer des Desktop-Betriebssystems Yosemite, auch hier ist iBooks keine Wahl, sondern Pflicht.
Die Hardware bestimmt das Lesen
Ein weiterer Treiber ist mit Sicherheit das rapide Wachstum der Phablets, und Apple hat hier mit dem neuen iPhone 6 Plus eine nachdrückliche Duftmarke hinterlassen. Waren generell in der Verlagsbranche in der Vergangenheit gerne und laut Zweifel am Smartphone-Lesen zu hören, oft schlicht begründet mit der Größe des Endgeräts, dürften diese bei Phablets endgültig verschwinden – ansonsten müsste die Branche auch die Größe von Taschenbüchern als nicht-lesbares Format anzweifeln.
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Schafft Apple den E-Book-Turnaround?
Eigentlich sollten damit die Weichen gestellt sein für ein erkleckliches Wachstum: die Hardware-Entwicklung spielt Apple in die Hände, ebenso die Zwangsverabreichung von iBooks. Und zweifellos werden wir in den nächsten 12 Monaten mit anderen Marktanteilen rechnen können.
Einige kleine “Abers” aber bleiben, die nur mit der spezifischen Unternehmensstragie von Apple zu erklären sind. Zum einen steht da von Anfang an die Frage, warum hier die Lese-Ökonomie nicht ausgedehnt wird, wie es etwa Amazon mit seiner respektablen App und dem Kindle Cloud Prinzip vormacht, die problemlos auf Apple-Geräten genutzt werden kann.
Und dann bleiben auch Zweifel, ob die Apple-Strategen an den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg von E-Books glauben. Nur so lassen sich Äußerungen von Keith Moerer, die GigaOM zitiert, erklären:
“Nonfiction books, especially illustrated books, have historically underperformed in digital, but Moerer said that Apple is seeing progress there — “really starting with memoirs and biographies, particularly those biographies and memoirs that have a pop culture tie-in … it’s been slow but we’re starting to see some real momentum around children’s publishing as well.” He went on:
“It’s certainly slower than we would like, but using the iTunes music store as an example, jazz and classical music fans were the slowest to move from physical to digital over the years … we think that we’ll see a similar progression with illustrated and children’s books … it will take some time.”
Wer Vergleiche zu Jazz und Klassik zieht, über illustrierte, angereicherte oder Kinderbücher als Fokus nachdenkt, grenzt sich künstlich ein. Das Lesen digitaler Inhalte an sich wird mobil, nicht nur dieser “Nischen”-Produkte. Erst wenn dieses Umdenken stattfindet hat Apple die Möglichkeit, zum ewigen E-Book-Konkurrenten nachhaltig aufzuschließen.
Steffen Meier ist Leiter Produktinnovation und -marketing beim Dortmunder E-Book-Spezialisten Readbox. Dieser Blogbeitrag ist zuerst in seinem Blog erschienen.
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