Der Brief des AKS an KNV zu dessen Engagement in den Nebenmärkten, vor allem bei Saturn, ist ein weiteres Indiz dafür, wie die Rolle des Sortimentsbuchhandels in der Branche gesehen wird: Ein Handelspartner, der an Bedeutung verliert.
Unter diesem Gesichtspunkt habe ich durchaus Verständnis für den Schritt, den KNV hier geht – nicht zuletzt das Zusammengehen von Könemann mit Libri hat gezeigt, dass auch für die Barsortimente die Lage nicht einfacher wird. Die Aussicht auf ein weiteres Buchhandelssterben zwingt sie geradezu, nach Alternativen zu suchen, um wirtschaftlich überleben zu können. Das mag uns nicht gefallen, aber so ist die Lage nun einmal und ich möchte meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass andere Barsortimente diesen Service nicht ebenfalls angeboten hätten, wenn sie gefragt worden wären.
Der Saturn-Service allein also wäre für mich nicht der Grund, meine Handelsbeziehung zu KNV zu überdenken. Vielmehr stellt sich mir die Frage, welches Barsortiment als Dienstleister für meine Buchhandlung am besten geeignet ist und welche Dienstleistungen für mich diejenigen sind, die den Ausschlag geben, mehr oder weniger intensiv mit einem Barsortiment zusammenzuarbeiten. Und hier liegt für mich der eigentliche Knackpunkt, darüber nachzudenken, wie ich in Zukunft meine Barsortimentsbeziehungen gestalten möchte.
Wie innovativ ist ein Unternehmen? Woran erkenne ich, dass es die Bedürfnisse des stationären Sortiments über eine reibungslose Buchbelieferung hinaus ernst nimmt? Wie partnerschaftlich geht ein Unternehmen mit seinen Handelspartner um? Da sehe ich doch erhebliche Unterschiede.
Als Maß aller Dinge in den Augen unserer Kundinnen und Kunden gilt Amazon. Wenn ich also versuchen will, meine Kunden weitgehend bei mir in der Buchhandlung zu halten muss ich mindestens in folgenden Punkten mithalten können: Webshop, E-Books, Ansichtslieferungen, ausländische Fachbücher. Es gibt sicher noch mehr, aber das sind die, mit denen wir in unserer Buchhandlung am häufigsten konfrontiert sind. Genau hier erwarte ich Unterstützung durch meine Dienstleister.
Nehmen wir das momentan am heißesten diskutierte Thema E-Books. Hier erkannte Libri als erstes Barsortiment, dass die Digitalisierung das stationäre Sortiment gefährden könnte und bot nicht nur E-Reader an, sondern band in die Libri-Shops einen E-Book-Shop ein. Ohne zusätzliche Kosten. Dass die Margen, die wir für den Download von E-Books erhalten, einem die Augen tränen lassen, das ist ein Punkt, an dem sich hoffentlich noch etwas ändern wird. Das Angebot, das KNV hier macht (25 Euro pro Monat Gebühren für die Einbindung des E-Book-Shops in die Buchkatalogseite, 10% Provision) lassen aber wahre Sturzbäche aus meinen Augen rinnen, denn jeder kann sich selbst ausrechnen, wie viele E-Books ich verkaufen muss, um überhaupt kostendeckend zu arbeiten. Umbreit hingegen machte schon immer deutlich, dass das Barsortiment nicht als der große technische Innovator auftreten kann und will. Dennoch setzte das Unternehmen ein deutliches Zeichen, wie ernst es den stationären Buchhandel nimmt und bietet ab kommenden Jahr die E-Book-Cards an, eine wunderbare Möglichkeit für das stationäre Sortiment, E-Books auch als Geschenke verkaufen zu können.
Ich könnte nun an den anderen genannten Punkten munter weitermachen: Wie sehen die Gebührenmodelle für die Webshops aus und welche Leistungen erhalte ich dafür? Besorgungsgebühren für ausländische Fachbücher, ist das noch zeitgemäß? Unterschiedliche Gebührenmodelle für Remittenden von kostenfrei über prozentuale Beteiligung bis hin zum starren Betrag und der Weigerung, Bücher unter 10 Euro und Kalender überhaupt zurückzunehmen – kann ich so konkurrenzfähig bleiben?
Mir zeigt die unterschiedliche Behandlung dieser für mich im buchhändlerischen Alltag wichtigen Punkte die Grundeinstellung, die hinter den jeweiligen Angeboten steht. Natürlich müssen alle Unternehmen kostendeckend arbeiten. Aber in einer Zeit des Wandels ist es klar, dass es Marktteilnehmer gibt, die nicht die finanziellen Mittel haben, selbst große Investitionen zu tätigen. Diejenigen, die mir also Dienstleistungsangebote machen, von denen ich weiß, dass sie sicher nicht zur Gewinnmaximierung beitragen, haben bei mir bessere Karten. Ob ein Barsortiment investiert in Serviceleistungen für seine Kernklientel, nämlich das stationäre Sortiment und dieses damit stärkt oder in neue Märkte – das zeigt mir, wie die Grundeinstellung meines Handelspartners ist. Und so ist die Meldung, dass KNV offensichtlich mehr Potential in der Zusammenarbeit mit Saturn sieht, als mit kleinen Buchhandlungen wie meiner, genau das Signal, das der AKS zu Recht kritisiert.
Susanne Martin ist seit 1995 Inhaberin der Schiller-Buchhandlung. Die Stuttgarterin bietet einen eigenen Podcast an und ist bei Twitter und Facebook aktiv.
Sehr schön auf den Punkt gebracht! Danke …