Etwas mehr als drei Wochen hat die Prüfung gedauert, jetzt steht fest: Das Bundeskartellamt nickt die Fusion von Thalia und der Mayerschen ab.
Vor allem in Nordrhein-Westfalen kommt es zu Überschneidungen, dort sind beide Partner stark mit ihren Filialen vertreten. „Trotzdem bestehen gegen den Zusammenschluss letztlich weder aus Sicht des Verbrauchers noch aus Sicht der Verlage durchschlagende wettbewerbliche Bedenken“, erklärt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. „Den Verbrauchern stehen mit dem wachsenden Online-Handel sowie mit der Vielzahl von kleineren und mittleren Buchhändlern des tradtionellen Sortimentsbuchhandels gute Einkaufsalternativen zu Verfügung. Wegen der gesetzlich vorgegebenen Buchpreisbindung findet der Wettbewerb auf der Bucheinzelhandelsebene ganz überwiegend nicht bei den Preisen sondern bei der Angebotsqualität wie z.B. der Sortimentsauswahl, der Beratung sowie der Gestaltung der Geschäfte statt, was auch Chancen für kleinere Händler bietet.“
Auch den Buchverlagen drohe kein wettbewerblich problematischer Zuwachs von Nachfragemacht. Thalia sei zwar einer der wichtigsten Abnehmer von Verlagen und dem Buchgroßhandel in Deutschland. Letztlich bleiben laut Bundeskartellamt die gemeinsamen Beschaffungsanteile von Thalia und Mayersche auf einem unbedenklichen Niveau. Einige Verlage haben die Sorge geäußert, dass die Unternehmen künftig über eine große Einkaufsmacht verfügen und daher auch Konditionenverbesserungen fordern könnten. Das Bundeskartellamt will dies beobachten.
Rasches Prüfverfahren
Aufgrund der intensiven Vorbereitung des eigentlichen Kontrollverfahrens konnte die Prüfung der Fusion bereits innerhalb der einmonatigen sogenannten ersten Phase abgeschlossen werden. Genauer untersucht wurden dabei 85 regionale Buchhandelsmärkte sowie weitere betroffene Märkte, der Handel mit E-Books und mit E-Book-Readern inklusive. Die Ermittlungen hätten gezeigt, dass „die gemeinsamen Marktanteile der Beteiligten in einigen regionalen Märkten zwar hoch sind, dennoch aber durch den Zusammenschluss keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu erwarten sei“, so die Wettbewerbshüter.
Der Wettbewerbsdruck aus dem Online-Handel habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Außerdem führe die Buchpreisbindung in Deutschland dazu, dass die meisten Bücher überall zum gleichen Preis verkauft werden müssen. Daher könnten die Beteiligten mögliche, aus ihrer Größe resultierende Vorteile nicht im Rahmen eines Preiswettbewerbs gegenüber kleineren Händlern und zulasten der Verbraucher ausnutzen. Darüber hinaus seien Thaila und die Mayersche „auch nach der Fusion weiterhin einem gewissen Wettbewerbsdruck durch den Buchhandel in sonstigen Verkaufsstellen, wie Supermärkten, Tankstellen und Drogeriemärkten sowie dem Direktvertrieb durch die Verlage ausgesetzt, die nicht Teil des betrachteten kartellrechtlichen Marktes sind“.
Auf den Beschaffungsmärkten würden die Unternehmen „durchaus herausgehobene Marktstellung erlangen“. Dennoch stünden den Verlagen und Großhändlern „hinreichende Absatzalternativen in Form von anderen stationären und Internet-Sortimentsbuchhändlern, sonstigen Verkaufsstellen und dem Direktvertrieb zur Verfügung“.
Mitte Januar waren die Konzentrationspläne bekanntgeworden, drei Monate später wurde der Deal beim Bundeskartellamt angemeldet. Die Zwischenzeit haben die Thalia-Anwälte in Abstimmung mit dem Kartellamt genutzt, um die Anmeldeunterlagen vollständig und detailliert vorzulegen, auch angesichts der Komplexität und zur Bewertung der lokalen Teilmärkte, in denen Thalia/Mayersche künftig das Buchhandelsgeschehen beherrscht.
Jetzt bahnt sich mit dieser Fusion eine Konzentration an, die es in vergleichbarer Größenordnung erst zweimal gegeben hat – in den Jahren 2006/07:
- Hugendubel legte damals den Grundstock für seine heute bundesweite Präsenz mit Übernahme der Filialisten Weiland und Habel.
- Thalia übernahm parallel kurz hintereinander die Filialketten Gondrom, Grüttefien und Buch & Kunst/Baedeker.
Wie geht es jetzt weiter? Nach dem Bundeskartellamt müssen die Wettbewerbshüter in Österreich ihre Entscheidung noch fällen. „Da wir auch in Österreich der Fusionskontrolle unterliegen, möchten wir den Abschluss beider Verfahren in Deutschland und Österreich abwarten, bevor wir Stellung nehmen. Wir erwarten, nach der Genehmigung für Deutschland, einen zügigen Abschluss des Gesamtverfahrens“, so Thalia auf Anfrage von buchreport.
Alle Nachrichten zur Fusion sind hier in einem Dossier gebündelt.
Wie gut, dass die Mayersche Buchhandlung passé ist. Die Zeit verstaubter Familienunternehmen mit hierarchischen Strukturen, in denen Mitarbeiter als bezahlte Feinde betrachtet werden, sind Gott sei Dank vorbei. Aus dem Aachener Mutterhaus haben sie ein kombiniertes Café- und Buchhaus gemacht. Warum auch nicht – so ist die viel zu große Fläche wenigstens attraktiv genutzt, und die Pächter können noch den einen oder anderen Euro an der sehr guten Lage verdienen.