Journalist Thomas Aders ist als Auslandskorrespondent tätig, seine Reportagen und Dokumentationen sind auf ARD, arte und im SWR zu sehen. Zu seinen Erfahrungen und Eindrücken auf Reisen hat er bereits zwei Sachbücher bei Hoffmann und Campe und im Dumont Reiseverlag veröffentlicht. Jetzt folgt sein erster Roman, der im August auf Platz 1 der BoD-Bestsellerliste reüssiert: In „SeelenTanz“ geht es um das Leben der renommierten Ballettkoryphäe John Cranko.
Im Autoreninterview erzählt Aders, warum er sich für dieses Thema begeistert und wie er an dem Roman gearbeitet hat.
Worum geht es „SeelenTanz“ und für wen eignet sich das Buch als Lektüre?
Es geht um den genialen Choreografen John Cranko und den märchenhaften Aufstieg seines Stuttgarter Balletts von einer völlig unbekannten Truppe zu einer der führenden Compagnien der Welt. All das geschah in der Rekordzeit von nur zwölf Jahren; nimmt man den Triumph an der New Yorker Metropolitan Opera als Beginn des Stuttgarter Ballettwunders, sogar nur gut neun Jahre. Mich interessiert, wie dieses Tanzwunder gelingen konnte, was für ein Mensch dieser Cranko war und welche Talente er um sich scharte, um das Unmögliche zu erreichen. All das ist hochdramatisch, eine Kritikerin hat den Roman nicht umsonst als „spannend wie ein Krimi“ bezeichnet. Insofern wendet es sich nicht nur an die Kultur- oder gar Ballettinteressierten, sondern an alle, die sich in die wilden 60er und 70er begeben möchten und die sich vor einem permanenten Wechselbad der Gefühle nicht scheuen!
Sie sind als Auslandskorrespondent tätig. Wie sind sie auf das Thema Ihres Buches gekommen?
Ich hatte vor beinahe 30 Jahren in Berlin – eher durch Zufall – ein Cranko-Ballett gesehen und war vollkommen fasziniert davon, wie man Weltliteratur (Shakespeares ‚Taming of the shrew‘) ohne ein Wort inszenieren konnte, präzise, humorvoll und beinahe kinderleicht. Kurz danach durfte ich als junger Hörfunk-Volontär bereits mein erstes Feature machen: ein Portrait Crankos! Damals, 1991 (!), sprach ich zum ersten mal mit seiner Nach-Nachfolgerin, der Ballettintendantin und ehemaligen Primaballerina Márcia Haydée, mit der Choreologin Georgette Tsinguirides, mit Mitgliedern der John-Cranko-Gesellschaft und mit dem Choreografen John Neumeier in Hamburg. All das, neben der Arbeit mit Original-Tönen und Ballettstücken von Prokofjew bis Tschaikowski, hat mich so sehr fasziniert, dass ich diesen Ausnahmekünstler Cranko nie aus meinem Kopf bekommen habe. Als ich dann in die immer blutigere und gefährlichere Berichterstattung aus dem Nahen Osten (Bagdad, 2002-2004) involviert wurde, verlangte eine innere Stimme von mir so etwas wie einen seelischen Ausgleich für all das Leid und all den Tod um mich herum. Ich entschloss mich, ab sofort mit den Arbeiten an einem Roman über Cranko zu beginnen. Danach besuchte ich – parallel zu meiner Arbeit als ARD-Korrespondent in Südamerika und dem Nahen Osten – rund 40 seiner Weggefährten in der ganzen Welt und begann, alles an Literatur zu lesen, was ich finden konnte, Archive zu besuchen und Ballette anzuschauen, manchmal real, manchmal in Form von DvD’s.
Der Roman ist zunächst als Podcast erschienen. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Im Nachhinein hat sich das als sehr sinnvoll herausgestellt, viele der Hörer und Hörerinnen haben sowohl den gesamten Podcast gehört (immerhin gut 14 Stunden), als auch das Buch bestellt, sobald es erschienen war. Im Augenblick (Anfang August) stehen wir bei 3000 verschiedenen Hörern und Hörerinnen mit zusammen mehr als 11.000 angehörten Episoden. Ich sage: im Nachhinein, weil ich zuerst nur vorhatte, den Podcast zu veröffentlichen; als aber dann die Rufe immer lauter wurden, jetzt bitte aber auch den Roman zu publizieren, konnte ich mich dem kaum mehr versagen. Insgesamt: ein Glücksgriff!
Wie erreichen Sie Ihre Leser darüber hinaus?
Ich habe eigentlich immer gerne Veranstaltungen mit Lesern und Zuschauern gemacht, sowohl bei meinen beiden bisherigen Büchern als auch bei mehreren meiner Reportagen und Dokumentationen, in der letzten Zeit vor allem mit dem Fokus auf dem Klimawandel. Es lag also nahe, auch mit dem SeelenTanz wieder vor Ort zu gehen; trotz Corona habe ich nun die Auftaktveranstaltung im Stuttgarter Theaterhaus veranstaltet, zusammen mit den vier Weltstars Márcia Haydée, Birgit Keil, Egon Madsen und dem begnadeten Bühnenbildner Jürgen Rose. Am 2. September werden wir dann, in beinahe der gleichen Zusammensetzung, einen weiteren Auftritt haben – auf dem Stuttgarter Kulturwasen!
Eigentlich würde ich jetzt viele Veranstalter kontaktieren, um weitere Lesungen zu organisieren; aber ich warte jetzt erst mal ab, wie sich die Corona-Lage im Herbst und Winter entwickelt. Aber kein Grund zu Missstimmung: zum einen läuft der Buchverkauf richtig klasse und zum anderen beginnt 2021 ja erst das Cranko-Jahr: Vor genau 60 Jahren startete er sein „Überfallkommando“ im Schwabenland und initiierte das Ballettwunder.
Ihre vorherigen Bücher sind bei Dumont und Hoffmann & Campe erschienen. Warum haben Sie sich bei „SeelenTanz“ fürs Selfpublishing entschieden?
Der Vorteil des Selfpublishings ist die Schnelligkeit – und mir ging es ja darum, zuerst den Podcast möglichst zügig online zu stellen und dann, nachdem ich mich dazu entschlossen hatte, auch das Buch sehr schnell zu veröffentlichen. All das wäre mit einem der großen Verlage in dieser Form und in dieser Geschwindigkeit (alles zusammen: vier, fünf Monate) unrealistisch gewesen. Aber es gibt auch eine Eigendynamik, die es in sich hat: denn es sind viele, sehr arbeitsintensive Schritte, die nötig sind, ein Buch im Eigenverlag zu publizieren. Ich konnte das nur schaffen, weil ich ein Team von Experten zusammen gestellt habe, das die Herstellung, das Lektorat, die Grafik und die Multimedia-Begleitung (Fotos und Homepage) übernommen haben. Ich kann zukünftigen Selfpublishern nur eines raten: bei den Fachleuten bloß nicht zu sparen! Die Qualität des Buches hängt – was man als Autor ja zuerst gar nicht hören möchte – zu einem sehr hohen Prozentsatz von ihnen ab!
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