Wandernde Figur: Der so genannte Cyberwardealer, gespielt von Nikolai Kinski, taucht auf mehreren Plattformen auf und hält damit die Geschichte zusammen.
Die Produktionsfirma Filmtank arbeitet an einem plattformübergreifenden Projekt: „Netwars – out of CRTL“ startet im November. Bei Marketing und Vertrieb kooperiert das Unternehmen mit Bastei Lübbe.
Der Produzent und Regisseur Michael Grotenhoff (Filmtank) präsentiert auf der Buchmesse bei der Konferenz Storydrive zusammen mit Lena Thiele, Creative Director Transmedia, Miqos Studio UG, das Projekt „Netwars“. buchreport.de verlost 2 Karten für die gesamte Storydrive-Konferenz. Schicken Sie bis Freitag, 4. Oktober, 12 Uhr, eine Mail mit dem Betreff „Storydrive“ an info@buchreport.de. Unter den Einsendungen verlosen wir 2 Karten (der Rechtsweg ist ausgeschlossen).
Wie der digitale Unterhaltungsmarkt der Zukunft aussehen wird, ist ungewiss. Die größten Visionen und Hoffnungen scheinen sich derzeit mit sogenannten Cross- oder Transmedia-Projekten zu verbinden, bieten diese doch Möglichkeiten, Stoffe über Format- und Genregrenzen hinweg auf verschiedenen Plattformen verwerten zu können: Als Online-Game, als TV-Film oder auch als E-Book.
Die Hamburger Produktionsfirma Filmtank, mit Ablegern in Berlin und Stuttgart, ist so ein Labor, in dem emsig an solchen Storywelten getüftelt wird: „Die durch die Digitalisierung zwangsläufige Konvergenz der Medien ermöglicht ein anderes Geschichtenerzählen. Das ist eine große Chance, aber auch eine große Herausforderung“, weiß Michael Grotenhoff, der für die entsprechenden Produktionen bei Filmtank verantwortlich zeichnet.
Vielfältiges Erzählen
Mit dem aktuellen Projekt „netwars – out of CTRL“ dreht die Firma das ganz große Rad – und wird zudem von den NSA-Enthüllungen der jüngsten Vergangenheit eingeholt: Bei der auf mehrere Plattformen aufgefächerten Geschichte geht es um Datenspionage und Sicherheit im Internet. Folgende Formate, die zeitlich versetzt an den Start gehen, sind geplant:
Zunächst geht im November 2013 eine interaktive, mehrteilige Web-Dokumentation online, die Teil der Social-Media-Kampagne sein wird. Die Web-Doku nimmt den Nutzer mit auf eine Reise durch verschiedene Szenarien eines Cyber-Angriffs.
Voraussichtlich im März 2014 wird eine Graphic-Novel-App für Tablets veröffentlicht. In dieser folgt der Nutzer einem Team von sechs Hackern, die von der NATO engagiert wurden und sich (zunächst) in einer Cyberwar-Simulation behaupten müssen.
Die App wird flankiert von einer E-Book- und Hörbuch-Reihe aus dem Hause Bastei Lübbe, die die Vorgeschichte zur App erzählt. Geplant ist eine Read&Listen-Version, sonst wird bei diesen Ausgaben aber auf multimediale Anreicherung verzichtet.
Voraussichtlich Ende April 2014 strahlt Arte die von Filmtank produzierte TV-Doku zum Thema aus. Hier werden die Auswirkungen einer Cyber-Attacke auf das tägliche Leben veranschaulicht.
Auch ein Plot für eine TV-Serie wird bereits entwickelt. Diese soll allerdings frühestens in zwei Jahren an den Start gehen.
Über den Stand der Entwicklung gibt die Website netwars-project.com Auskunft. Hier soll auch eine Community zum Thema Datensicherheit entstehen, in der man sich informieren und austauschen kann.
App als neues Geschäftsmodell
Treibende Lokomotive des Projekts, mit dem sich die schwerpunktmäßig im Dokumentarbereich agierende Firma auch geschäftlich neu aufstellen will, ist die Graphic-Novel-App, die als Serie über In-App-Käufe Umsätze generieren soll (Käufe aus der App heraus). Für die technische Umsetzung des ersten interaktiven Comics mit 3D-Animationen, integrierten Video-Clips und sensorgesteuerten Gameelementen hat sich Filmtank Partner aus der Gamesbranche ins Boot geholt. Mit André Blechschmidt, dem ehemaligen Geschäftsführer des Spieleentwicklers Radon Labs, wurde zudem das Inhouse-Team um einen erfahrenen Kopf ergänzt, der den produktionstechnischen Ablauf überwacht und Angebote Dritter beurteilen soll.
Kooperation ist auch das Stichwort bei der internationalen Vermarktung und beim Vertrieb der App. Hier ist Filmtank in der Verlagsbranche fündig geworden: Bastei Lübbe bzw. die Lübbe-Digitalabteilung Bastei Entertainment soll sowohl die App als auch die im eigenen Haus entwickelten E-Books und Hörbücher im Markt platzieren. „Bastei Lübbe baut sich ebenfalls strategisch neu auf und hat das Potenzial von Storywelten erkannt“, begründet Grotenhoff die Wahl des Vertriebspartners.
Hintergrund: Mit u.a. der Multimedia-App „Apocalypsis“ hat das Kölner Medienhaus bereits internationale Erfahrungen in diesem Segment gesammelt. Der digitale Serienroman ist über 500 000-mal heruntergeladen worden und nicht nur in Deutschland, den USA und Großbritannien, sondern seit Kurzem auch in China auf Mandarin erhältlich. Diesen Zukunftsmarkt hofft man auch mit „netwars“ bespielen zu können.
Konstruktive Kooperation
Die Zusammenarbeit mit dem Verlagspartner gestaltet sich als „frisch, positiv und konstruktiv“, berichtet Grotenhoff. Die größte Befürchtung sei anfangs gewesen, dass ein „Verlag sich das Produkt einverleibt, es auf die bestehenden Infrastrukturen schiebt und sich um die Einbettung in das Gesamtkonzept nicht kümmert“. Mit Bastei Lübbe, der auch „bereits wertvolle Erfahrungen gemacht hat, was realistisch ist“, stimme man bei regelmäßigen Treffen vom inhaltlichen Konzept bis zum Marketing alles eng miteinander ab.
Eine der größten Herausforderungen bei einem derartigen Projekt ist Grotenhoff zufolge: Wie erzählt man über verschiedene Plattformen die Geschichte so, dass die User und Zuschauer Lust haben, von einer Plattform auf die nächste zu wandern, jede Plattform aber auch für sich allein bestehen kann? Für die intelligente Verzahnung, die aus dem crossmedialen ein transmediales Produkt macht, sorgt bei „netwars“ unter anderem ein sogenannter Cyberwardealer, der auf mehreren Plattformen auftaucht und auch in der Social-Media-Kampagne eine entscheidende Rolle spielt.
Darüber hinaus warnt Grotenhoff davor, Apps als Eier legende Wollmilchsau zu betrachten. Die Priorität solle darin liegen, eine Geschichte zu verdichten und zu dramatisieren, gleichzeitig bei den Fakten zu bleiben (Filmtank arbeitet mit Hackern zusammen) und nicht zu viele interaktive Gimmicks anzubieten, die letztlich von der eigentlichen Geschichte ablenken würden.
Cyberwar-Geschichte auf mehreren Ebenen: Die faktenbasierte „netwars“-Story wird als TV-Dokumentation, interaktive Web-Dokumentation, TV-Serie, Graphic Novel App (Abb.), E-Book- und Hörbuch-Serie erzählt.
Text: Nicole Stöcker
aus: buchreport.magazin 10/2013
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