In den perlenden Sekt der endlich anziehenden Buchkonjunktur mischt sich Wermut: Die positive Umsatzentwicklung im Buchhandel (August: +5,5%) scheint sich zwar im September fortzusetzen, wird aber gebremst durch fehlenden Nachschub. Während der seit Jahren gut geölte Belletristik-Motor rund läuft, stehen an der Spitze der Nachfrage eine ganze Reihe von Sachbüchern, bei denen die Verlage – und die vorbestellenden Buch- und Großhändler – eingedenk der Rückgänge in diesem Segment offenbar viel zu vorsichtig kalkuliert und geordert haben:
- Hinter der Aufregung um Thilo Sarrazin ist die völlig überraschte DVA in vielen kleinen Schritten hinterhergetrippelt und kommt jetzt in der mittlerweile 8. Auflage auf 400.000 Exemplare, von denen 350.000 im Handel sind, die nach Eintreffen der Teillieferungen gleich an die Vorbesteller weitergereicht werden.
- Bei Herder hatte sich der Vertrieb bereits auf eine abflachende Nachfrage nach „Das Ende der Geduld“ eingestellt, als die Bestellzahlen wieder nach oben schnellten, womit der Verlag das Buch im Sarrazin-Sog sieht. 200.000 Exemplare sind laut Verlag verkauft, man sei „in den nächsten Tagen“ wieder lieferfähig.
- Bei der Geschichte des Entführungsopfers Natascha Kampusch („3096 Tage“) hatte Ullstein zwar ein starkes Interesse in Österreich einkalkuliert, im Verlag war man aber unsicher über die Nachfragepower, die der hiesige Fernseh- und Printboulevard erzeugen würde, sodass die Teilauflagen zwar geplant waren, aber jetzt erst auf Abruf produziert werden.
- Bei Fischer hatte man für die erwartet gute Nachfrage nach „Essensfälscher“ 20.000 Exemplare Startauflage bereitgestellt, die aber rasch vergriffen waren, als der fernseherprobte Autor Thilo Bode seine Thesen in Talkshows zuspitzte. Am Freitag werden weitere 20.000 Bücher ausgeliefert, die 3. Auflage folgt.
Misstrauisch verfolgen viele Standortbuchhändler jetzt die Zuteilungsquoten und beobachten den Wareneingang beim benachbarten Filialisten.
Sand im Amazon-Getriebe
Der Blick zum großen Online-Shop von Amazon machte dem stationären Handel dagegen ausnahmsweise weniger Sorgen.
Mehr zum Thema im neuen buchreport.express 37/2010
Vielleicht liegt es auch daran, dass die Buchhändler sich nur noch auf das Bestsellergeschäft konzentrieren und dem Leser nur noch diese Bücher vor die Nase legen und ihm keine Wahl lassen, sich sein Buch zu wählen.
Thalia ist hier geschickter im Umgang mit Kunden, hier wird ihm vieles angeboten, wenn auch Kleinverlage fast unberücksichtigt bleiben, die aber dennoch gute Bücher im Programm haben.
Und für Nachauflagen können Druckdienstleister wie z.B SDL in Berlin gut in Anspruch genommen werden, wenn Kapazitäten in eigenen Verlagen versagen. Das Problem liegt doch in der künstlich erzeugten Manipulation der Leser auf bestimmte Bücher, die durch Werbung in die Höhe getrieben werden, die oft das Geld nicht wert sind. Ich lasse mich von Sarrazin nicht beeindrucken und gebe das Geld für andere Bücher aus, für Themen zur Globalisierung (Global Enterprise). Hier wird deutlich gemacht wie es in der Weltwirtschaft weiter geht und Deutschland ist nur ein Beitrag zum Ganzen.
Inge Kasan
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