Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass Übersetzer literarischer Werke grundsätzlich einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung in Form einer prozentualen Beteiligung am Erlös der verkauften Bücher haben. Ob diese mit dem Grundhonorar zu verrechnen ist – was für den Verband der Übersetzer entscheidend ist – , ist noch unklar. Denn nur wenn der Erlös nichtverrechenbar sei, so der Verband, profitierten alle Übersetzer von Erfolgsbeteiligungen; nur dann bekämen alle bei jeder Übersetzung ab dem ersten verkauften Exemplar mehr Geld als bisher.
Laut Bundesgerichtshof müssen Übersetzer eines literarischen Werkes, denen lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual beteiligt werden:
- ab einer verkauften Auflage von 5000 Exemplaren normalerweise mit 0,8 Prozent des Nettoladenverkaufspreises bei Hardcover-Ausgaben und 0,4% bei Taschenbüchern.
- Darüberhinaus könne der Übersetzer, so der Bundesgerichtshof, grundsätzlich die Hälfte des Nettoerlöses beanspruchen, den der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt.
Hintergrund der Entscheidung war die Klage einer Übersetzerin, die von einer deutschen Verlagsgruppe für die Übersetzung zweier Romane aus dem Englischen ins Deutsche das vereinbarte Honorar von rund 15 Euro pro Seite – ein aus der Sicht der Klägerin unangemessenes Honorar.
Landgericht und Berufungsgericht gaben der Klage teilweise statt, doch auf die Revision der Parteien hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es: „Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, dass die Klägerin von der Beklagten grundsätzlich die gewünschte Einwilligung in eine Vertragsänderung verlangen kann. Das von den Parteien zur Abgeltung sämtlicher Rechte vereinbarte Pauschalhonorar von etwa 15 Euro je Seite sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar branchenüblich gewesen. Eine solche Vergütung sei jedoch im Sinne des Gesetzes unangemessen, weil sie das berechtigte Interesse der Klägerin nicht wahre, an jeder wirtschaftlichen Nutzung ihrer Übersetzung angemessen beteiligt zu werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei nicht absehbar gewesen, dass die Übersetzung bis zum Erlöschen des Urheberrechts siebzig Jahre nach dem Tode der Klägerin (§ 64 UrhG) nur in einem Umfang genutzt werde, dass das vereinbarte Pauschalhonorar angemessen sei.“
Da das Berufungsgericht noch nicht geprüft hat, ob im konkreten Fall besondere Umstände vorliegen, die eine Abweichung von den im Regelfall angemessenen Sätzen rechtfertigen, sei die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden.
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