Die VEMAG ist im vielfältigen Buchmarkt ein spezieller Fall: Der Verlag produziert vor allem Kinderbücher und Ratgeber für den Nebenmarkt und vermarktet sie international. Das bringt besondere Herausforderungen beim Einkauf und Kostenmanagement mit sich, denn die Aktionstitel, die großauflagig in die Auslagen etwa von Lebensmittel-Discountern wandern, werden zum kleinen Ladenpreis angeboten.
Einkaufs- und Herstellungsleiter Ulrich Klare (Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft / VEMAG) kauft auch größer in Asien ein und übt sich derzeit wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen im Troubleshooting, um die vielfältigen Corona-Auswirkungen abzufedern. Das Ziel: fristgerechte Lieferung trotz Verwerfungen in der Seefracht, Materialknappheit und aufwändigerer Einkaufsprozesse.
Klare berichtet im Interview, wie er die aktuelle Lage erlebt, wie die VEMAG gegensteuert und wieso er einen Verdrängungskampf um die Druckkapazitäten der europäischen Buchdrucker erwartet.
Wo liegen aktuell die Herausforderungen in der Beschaffung?
Wir haben es mit drei Herausforderungen zu tun:
Das Terminmanagement ist aktuell eine der großen Baustellen, weil wir in der Seefracht mit nicht funktionierenden Ausgangs- und Eingangshäfen kämpfen. Meine Aufgabe als Einkäufer ist es jetzt zu sehen, wie viel Zeit wir noch aus den Prozessen herausholen können, um die Ware 14 Tage früher zu verschiffen. Wir kaufen unsere Waren für das Aktionsgeschäft mit einem Puffer von bis zu 30 Tagen ein, aber das reicht nicht mehr. 70% der Schiffe kommen verspätet. Und als hätten wir nicht schon sehr viele Probleme in der Logistik, kommen jetzt noch die Hochwasserschäden und Straßensperrungen rund um Köln hinzu – auch unser Lager in Bergheim ist davon betroffen und die Anfahrt erschwert. Unter diesen Bedingungen das Terminmanagement anzupassen, um die Ware rechtzeitig loszuschicken, ist schon einmal die halbe Miete. Wir haben zudem mit unseren Logistikpartnern eigens ein neues Programm aufgesetzt, über das wir den Status der Auslieferung noch viel genauer überwachen können.
Eine zweite große Herausforderung ist die Rohstoffbeschaffung. Wir kaufen sowohl in Asien als auch in Europa ein. Insgesamt kommen wir auf ein Volumen von 32 bis 35 Mio. Büchern, die jährlich gedruckt werden. Aus Asien kommen in der Regel die Produkte, die man in Europa nicht einkaufen kann, weil es hier dafür keine oder kaum Lieferanten gibt. Das ist etwa bei Soundbüchern der Fall. Aber egal, wo wir produzieren lassen: Der Einkaufsprozess ist viel aufwendiger geworden. Wir müssen sehr viel früher damit beginnen, Aufträge zu bearbeiten, weil wir mehr Zeit benötigen und teils auch mit mehr Lieferanten sprechen müssen, bis wir für unsere Kunden die nötigen Volumina beisammen haben. Und die gestiegenen Rohstoff- und Frachtkosten belasten die Prozesse ebenfalls.
Und drittens?
Die dritte Herausforderung ist die Qualitätssicherung. Trotz der Schwierigkeiten im Einkauf müssen wir weiterhin die Qualität und Beschaffenheit liefern, die mit unseren Kunden vereinbart ist. Hier gelten zunehmend strenger werdende Qualitätskriterien. Insbesondere bei neuen Lieferanten ist die Sicherstellung all dieser Parameter beim initialen Setup ein sehr aufwändiger Prozess. Es ist uns sehr wichtig, an dieser Stelle die Transparenz zu wahren und mit unseren Kunden offen auch über Probleme sprechen zu können.
»Wenn wir als Auftraggeber nicht handeln, könnten schlimmstenfalls wichtige Partner über die Klinge springen.«
Das heißt, Sie gehen bei der Rohstoffbeschaffung nicht nur, wie bei vielen üblich, über die Druckereien, sondern kaufen auch selbst ein?
Ganz genau. Wir zapfen unsere Kontakte an und hangeln uns da durch. Dieses Vorgehen ist der aktuellen Situation geschuldet. Bislang haben wir darauf geachtet, das Marktpreisniveau zu überwachen und bei Preisverhandlungen sicherzustellen, aber beim eigentlichen Einkauf der Rohstoffe haben wir uns in der Vergangenheit auf die Druckereien verlassen. Bei den asiatischen Druckereien ist das auch beim Transport teilweise so: Auch dort, wo wir bisher DPU, Delivered at Place Unloaded, gekauft haben, hat sich das jetzt in der aktuellen Krisenlage geändert.
Wieso?
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