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Unabhängige Verlage: Kritik an den Auslistungen von Libri

Das Barsortiment Libri hat rund 180.000 Titel von kleineren Verlagen ausgelistet. Vom Sprecherkreis und  Mitgliedsverlagen der IG unabhängige Verlage im Börsenverein kommt dafür Kritik. „Die betroffenen Verlage wurden weder über die Auslistungen noch über die anstehenden Remissionen vorab informiert”, wird in einem Statement u.a. beklagt, das auch vom Vorstand der Kurt-Wolff-Stiftung unterzeichnet wurde.

Hier die komplette Stellungnahme im Wortlaut:

„In den vergangenen Wochen haben viele Verlage verstärkt Remissionen nicht nur von KNV, sondern auch von Libri bekommen – teilweise „bislang unbekannten Ausmaßes“. Gleichzeitig haben sich immer wieder Buchhändler und Endkunden bei Verlagen gemeldet, weil ein eigentlich lieferbares Buch über Libri als nicht lieferbar angegeben wurde. Auf Nachfrage teilten die zuständigen Libri-Einkäufer den betroffenen Verlagen mit, dass es einen Strategiewechsel gäbe und man das Lager von 1 Million auf 750.000 Artikel reduzieren würde.

Neben vielen Backlist-Titeln wurden alle Titel mit einem Ladenpreis von unter 4,90 Euro ausgelistet. Als Alternative bietet Libri an, die betroffenen Titel „über BOD drucken zu lassen. Hier besteht die Möglichkeit Titel auf Nachfrage sofort zu drucken und über Libri auch auszuliefern.“

Eine offizielle Kommunikation zur neuen Strategie gab es bislang nicht, nichtsdestotrotz hat Libri mit den Auslistungen und Remissionen bereits seit mehreren Wochen Fakten geschaffen. Die betroffenen Verlage wurden weder über die Auslistungen noch über die anstehenden Remissionen vorab informiert.

Erste Novitäten wurden gar nicht mehr bestellt oder aktuelle Frühjahrsnovitäten nach wenigen Monaten ausgelistet. Die Auslistungen sind teilweise inhaltlich nicht nachvollziehbar: Da wurden Ferienbücher direkt zu Sommerferienbeginn ausgelistet oder aus einer zehnbändigen Reihe ausschließlich Band Nummer 4. Die Aussage von Libri, es handle sich dabei ausschließlich um unverkäufliche Titel, konnten die Verlage so nicht bestätigen.

Das Ausmaß der Auslistungen ist sehr unterschiedlich. Bei einigen wurde kaum ausgelistet, bei anderen bis zu 90 Prozent der Titel. Ebenso ist es mit den Remissionen: Teilweise bewegen sie sich im üblichen Rahmen, doch für einige Verlage ist die Höhe existenzbedrohend.

Natürlich kann Libri als Wirtschaftsunternehmen selbst entscheiden, welche Bücher es liefern möchte, aber wie die KNV-Insolvenz ist auch die Neustrukturierung der Lagerhaltung bei Libri durchaus systemrelevant. Die Auslistung von 25 Prozent aller Titel betrifft nicht nur die Verlage – überwiegend vermutlich die kleineren und unabhängigen –, sondern auch die stationären Buchhandlungen, die Libri als einziges Barsortiment gewählt haben bzw. über Libri ihren Webshop betreiben. Gravierende Auswirkungen hat es auch auf die meisten der rund 800 eBuch- bzw. anabel-Buchhandlungen sowie kleinere Online-Buchhandlungen wie Buch7, Fairbuch, Ecobookstore und Ecolibri, deren Titeldatenbank derzeit auf den bei Libri lieferbaren Titeln basiert. Auch das Barsortiment Könemann ist betroffen.

Durch die Libri-Auslistung verschwinden also Titel praktisch aus weiten Teilen des Sortimentsbuchhandels, obwohl sie bei anderen Barsortimenten und bei Auslieferungen lieferbar sind. Sie sind damit für die Kunden nicht mehr sichtbar – außer bei Amazon.  Das macht es gerade den kleineren Verlagen künftig noch schwerer, im Buchmarkt zu bestehen. Auch hinterlässt es keinen guten Eindruck, wenn der stationäre Buchhändler dem Kunden sagt, ein Buch wäre nicht lieferbar, dieser aber feststellt, dass es bei Amazon vorrätig ist.

Der Sprecherkreis und Mitglieder der Interessengemeinschaft unabhängiger Verlage im Börsenverein (IGuV) möchten darum gemeinsam mit den betroffenen Sortimentern, Online-Buchhändlern und allen Barsortimenten nach Lösungen suchen. Hierzu ist auf der Frankfurter Buchmesse ein Gespräch geplant, zu dem zeitnah eingeladen wird. 

Noch ein Wort zu dem Angebot, alternativ BOD zu nutzen: Das kommt für die meisten Verlage nicht in Frage. Aufwändiger ausgestattete Bücher sind sowohl kalkulatorisch als zum Teil auch technisch über BOD nicht machbar. Vielfach sind zudem noch größere Auflagen der jetzt ausgelisteten Titel vorrätig. Es ist wirtschaftlich und aus Umweltschutzgründen nicht vertretbar, diese zu vernichten, um sie künftig über BOD neu zu drucken – zumal die BOD-Produktion ökologisch ohnehin deutlich schlechter abschneidet als die klassische Buchherstellung. Außerdem berichten Verleger von untragbaren Lieferzeiten bei BOD im Weihnachtsgeschäft.

Von Libri erwarten alle Geschäftspartner eine offene Kommunikation und eine transparente Information über die Kriterien, die ein Buch erfüllen muss (Umsatzmengen, Zeiträume, „Bewährungsfristen“ für Neuerscheinungen), um von Libri ans Lager genommen zu werden. Bei zukünftigen Remissionen muss eine Vorabinformation an die Verlage erfolgen. Die Rückzahlungsziele für die Verlage sollen sich an den Zahlungszielen orientieren, die Libri für sich im Einkauf beansprucht. Im Libri-Katalog sind die Titelinformationen so zu formulieren, dass klar ersichtlich ist, dass, wenn ein Titel über Libri nicht lieferbar ist, er über andere Wege bezogen werden kann (evtl. auch als Bestelltitel).

Langfristig können alle Beteiligten – Verlage, Sortimenter und Zwischenbuchhandel – nur wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn sie, trotz teilweise unterschiedlicher Interessen, im Umgang miteinander den Grundsätzen des guten Kaufmanns folgen und fair zusammenarbeiten.”

  • Der Sprecherkreis der IGuV im Börsenverein
  • Der Vorstand der Kurt Wolff Stiftung
  • Steffi Bieber-Geske, Kinderbuchverlag Biber & Butzemann, Vorsitzende des Bücherzauber e.V.
  • Björn Bedey, Bedey Media
  • Karin Timme, Frank & Timme
  • Robert S. Plaus, Carpathia Verlag
  • Britta Jürgs, AvivA Verlag
  • Wolfram Alster, Main Verlag
  • Tristan Rosenkranz, Edition Outbird
  • Monika Fuchs, Verlag Monika Fuchs
  • Grit Richter, Art Skript Phantastik
  • Michael Haitel, p.machinery
  • Marion A. Müller – Periplaneta
  • Ines Rein-Brandenburg, Verlag Kern
  • Volker Surmann, Satyr Verlag
  • Claudia Gehrke, Konkursbuch Verlag
  • Barbara Jost, Kontrast Verlag
  • Cristina Henrich-Kalveram, HENRICH EDITIONEN
  • Annette Sievers, pmv Peter Meyer Verlag
  • Uwe Achterberg, Michael Neugebauer Edition
  • Klaus Jans, KUUUK Verlag mit 3 U
  • Hanns-Martin Rüter, AISTHESIS VERLAG
  • Gerhard Stange, Edition contra-Bass
  • Rolf Wagner, Prolibris Verlag
  • Reinhilde Ruprecht, Edition Ruprecht
  • Markus Schnurpfeil, Echt Jood Medien
  • Nora Frisch, Drachenhaus Verlag
  • Karen Grol-Langner, STORIES & FRIENDS Verlag
  • Jan Karsten & Zoë Beck, CulturBooks Verlag
  • Bastian Salier, Salier Verlag
  • Michael Kracht, Fehnland-Verlag
  • Alfons Theodor Seeboth, Wölfchen Verlag
  • Jürgen Eglseer, Amrun Verlag
  • Jessica Strang, Tagträumer Verlag
  • Nadine Reuter, Lysandra Books
  • Donata Kinzelbach, Kinzelbach Verlag
  • Holger Kliemannel, Edition Roter Drache
  • Jens Korch, Edition Wannebuch
  • Jens Bolm, JMB Verlag
  • Swetlana Neumann, Wiesengrund Verlag
  • Sigrid Pomaska, Pomaska-Brand-Verlag
  • Torsten Low, Verlag Torsten Low
  • Tobias Eisermann, Eisermann Verlag
  • Marc Hamacher, Leseratten Verlag
  • Peter Amsler, Erzählverlag
  • Sandra Vogel, piepmatz Verlag
  • Veronika Aretz, VA-Verlag
  • Ralf Jordan, Geschichtlicher Büchertisch
  • Bettina Ickelsheimer-Förster, Shadodex – Verlag der Schatten
  • Jana Reich, Marta Press
  • Mele Brink und Bernd Held, Edition Pastorplatz
  • Annika Kuhn, Pinipas Abenteuer
  • Peter Kern, KernVerlag
  • Georg Nies, OCM Verlag
  • Charlotte Erpenbeck, Machandel Verlag
  • Karim Pieritz, Verlag Karim Pieritz
  • Britta Schmidt von Groeling, World for Kids
  • Dietmar Noss, Merlin’s Bookshop
  • Elisa Carow, Carow Verlag
  • Karina Lotz, edition federleicht
  • Kai Falkenberg, Edition Falkenberg
  • Westarp Science Fachverlage und Westarp Verlagsservice GmbH
  • Christian Schmal & Tara Moritzen, Zauberfeder
  • Kristina Jelinski, Ahead & Amazing
  • Peter Gerlach, Hasenverlag
  • Christl Kiener, KIENER Verlag
  • Hajo Schörle, Buch & Bild Verlag Nagold
  • Sonia Lauinger, Lauinger Verlag
  • Helene Düperthal, Lebensweichen Verlag
  • Franz König, Verlag ratio-books
  • Michael Handwerk, Edition Pommern
  • Thorsten Zeller, Reimheim Verlag
  • Angelika Schulz-Parthu, Leinpfad Verlag
  • Brigitte Bülau, Hippocampus Verlag
  • Lutz Stellmacher, Sandstein Verlag
  • Sewastos Sampsounis, Größenwahn Verlag
  • Olaf Eimer, Verlag für Regionalgeschichte
  • Fred Pusch, Projekt Verlag
  • Claudia von Holten, Amiguitos – Sprachen für Kinder
  • Ingrid Maikath, amicus-Verlag
  • Inge Heuer-Kölpin, Pinkvoss Verlags GmbH
  • Marcus Mery, Ausbildungspark Verlag
  • Heike  Birke, BALAENA Verlag
  • Patricia Hahne-Wolter, SchauHoer Verlag
  • Else Laudan, Argument Verlag mit Ariadne
  • Christina Schmitt, TRIGA
  • Annette Stroux, S T R O U X edition
  • Jörn Kobes, Computus Verlag
  • Wolfgang Neumann, Solibro
  • Sebastian Frenzel, homunculus verlag
  • Peter R. Hellinger, art&words
  • Ute Nicolas, U.NICO Verlag Ute Nicolas
  • Dr. Claudia Schorcht, Harald Fischer Verlag
  • Peter Collier, WeConsult-Verlag
  • Jürgen Kagelmann, PROFIL VERLAG
  • Jonas Navid Al-Nemri, kladdebuchverlag  
  • Barbara Bucher, Verlag Ernst Vögel, VOB-Verlag, Care-Line-Verlag
  • Eckhart Holzboog, frommann-holzboog Verlag

Kommentare

4 Kommentare zu "Unabhängige Verlage: Kritik an den Auslistungen von Libri"

  1. Amazon hat sicher schon Danke gesagt an Libri!

  2. Leider haben Buchhändler die geringste Öffnungsrate bei Infos per E-Mail und die höchste Abmeldungsrate.

  3. Ulrike Osterhage | 22. August 2019 um 12:53 | Antworten

    Liebe Frau Schmidt-Huber,
    das stimmt leider nur bedingt. Wenn ich direkt beim Verlag bzw. der VA bestelle, dauert es bis zu einer Woche, bis der Titel da ist. Das ist vielen Kunden schon zu lang. Außerdem fressen die Versandkosten einen erheblichen Teil der ohnehin schmalen Marge auf. Auch für den Verlag sind Kleinstbestellungen kein wirkliches Geschäft.
    Als kleine Stadtteil-Buchhandlung bin ich auf eine gute Versorgung durch das Barsortiment angewiesen.

  4. Ulrike Schmidt-Huber | 22. August 2019 um 11:12 | Antworten

    „Auch hinterlässt es keinen guten Eindruck, wenn der stationäre Buchhändler dem Kunden sagt, ein Buch wäre nicht lieferbar, dieser aber feststellt, dass es bei Amazon vorrätig ist.“ — Sicherlich ist es bedauerlich, wenn Barsortimente in diesem Umfang auslisten. Dennoch kann jeder Buchhändler das Buch beim Verlag oder der Verlagsauslieferung beziehen, oftmals in wenigen Tagen. Der Fehler beim Buchhandel liegt doch darin, nicht mehr das VLB heranzuziehen, sondern nur Barsortimentstitel zu besorgen! Also etwas zu tun, was noch – sagen wir – im 20. Jh. üblich war, und die Geschäftsordnung des Buchhandels auch vorgibt.
    Für die betroffenen Verlage ist es natürlich übel – die heute bessere Erreichbarkeit des Buchhändlers über Newsletter etc. gibt ihnen aber auch neue Möglichkeiten, präsent zu sein.
    Und Buchhändler können darauf reagieren! Und tun es hoffentlich auch.

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