Jahr für Jahr werden in Deutschland Kleinverlage ohne Aussicht auf Erfolg gegründet. Miriam Schröder geht dem Phänomen im aktuellen „Handelsblatt“ nach und findet die Liebe zum Buch.
„Ein Fenster, zwei Schreibtische und ziemlich viele Leitzordner.“ So beschreibt Schröder den Berliner Binooki Verlag, der türkische Literatur in Deutschland verlegt. Ein Bild, das wohl auf viele Kleinverlage zutrifft. Sie haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht.
„Wie verrückt muss man sein, im 21. Jahrhundert noch einen Buchverlag zu gründen?“, fragt Schröder. Die Gegenwart spiele auf dem Smartphone, die Zukunft sei eine Virtual Reality.
70% aller Verlagseinnahmen entfallen auf die 23 größten Buch-Unternehmen, schreibt sie. Größere Verlage können Autoren darum auch bessere Gehälter zahlen. Mehr Platz für ungewöhnlichere Projekte mit hohem künstlerischem Anspruch böten dagegen kleine Verlage.
Und sie legen sich ins Zeug für das, was sie lieben. Das nimmt bisweilen irrwitzige Züge an: „Dann gibt es Verleger wie Sebastian Guggolz (Guggolz Verlag), der vergessene Klassiker aus Nord- und Osteuropa auf den Markt bringt und das nur tun kann, weil er sich immer wieder in ein Wissensquiz im Fernsehen setzt, um dort Geld zu gewinnen, das sein Verlag nicht verdient. Buchmenschen, das sind oft Besessene.“
Nun, es gibt aber auch „Kleinverlage“ wie den jungen Luzifer Verlag, die den „Großen“ (vor allem im Onlinegeschäft) kräftig die Butter vom Brot klauben. Über solche innovativen Verlage im Haifischbecken Buchmarkt wird seltsamerweise nie berichtet …
Tja, die Gegenwart spielt sich eben nicht nur auf dem Smartphone ab, sondern auch auf vielen Buch-Ausstellungen, die erfreulicherweise auch recht gut besucht sind. Wer einmal auf der Mainzer Minipressen-Messe war, sei es als Aussteller oder als Besucher, weiß wovon die Rede ist.
Allerdings ist es aber auch so, dass fast alle Kleinst- und Klein-Verleger, die ich kenne, in irgendeiner Form noch einem Brutberuf nachgehen, denn wirklich davon leben können nur die wenigsten.
Dem zum Trotz herrscht in dieser Szene, in der immer wieder neue Gesichter mit neuen Ideen auftauchen, eine Kreativität und Schaffensfreude, die ich mir auch von etablierten Verlagen wünschen würde.
Die Branche ist ja – bei allen Nöten – nicht deshalb eine der lebendigsten, weil in Konzernen menschliche Publishing-Automaten fließbandmäßig Leseware produzieren. Lebendig ist sie wegen der Maniacs, der schrulligen, neurotischen, besessenen, schrägen Typen, die sich weit über die „nine-to-five“ hinaus für ihre Bücher in die Schanze schlagen. Die einen verdienen unseren Respekt, die anderen unsere Bewunderung.