Das „Copyright“ sei von einem begrüßenswerten Recht zu einem Hasswort für die Nutzer geworden sei – wenige Tage nach der Kritik von EU-Kommissarin Neelie Kroes am Status quo des Urheberrechts legen Wikimedia Deutschland, die Digitale Gesellschaft und die Open Knowledge Foundation Deutschland ein gemeinsames Positionspapier (hier zum Download) vor, in dem die Urheber und die Politik zu einem Dialog mit den Nutzern digitaler Werke aufgefordert werden.
„Wenn wir das Urheberrecht nicht in absehbarer Zeit neu gestalten und der Zeit anpassen, wird es sich nicht mehr mit verhältnismäßigen Mitteln durchsetzen lassen und an der zunehmenden Inakzeptanz scheitern. Das wäre schlecht für Urheber und Nutzer gleichermaßen”, erklärt Lavinia Steiner, Vorstand des Vereins Digitale Gesellschaft.
„Wir sind der Meinung, dass Kommissarin Kroes leider Recht hat“, begrüßt Jan Engelmann, Bereichsleiter Politik und Gesellschaft bei Wikimedia Deutschland, den Vorstoß von Kroes. Das Urheberrecht in seiner heutigen Form könne nur noch scheitern und sei dringendst reformbedürftig.
Argumente der drei Unterzeichner-Gruppen:
- Überlange Schutzfristen führten dazu, dass ein stetig anwachsender Pool verwaister Werke könne weder kommerziell verwertet noch von der Allgemeinheit genutzt werden könne.
- Manche analoge Prinzipien wie der Erschöpfungsgrundsatz seien im 21. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß.
- Das Urheberrecht sei unverständlich und komplex geworden, überfordere Nutzer und Politiker gleichermaßen.
- In seiner derzeitigen Form führe das Urheberrecht zu Exklusion und künstlicher Verknappung, statt die Produktion von kulturellen Werken zu fördern und Teilhabe an der Wissensgesellschaft zu ermöglichen.
Vorschläge des Trios:
- Aufbau einer frei zugänglichen Datenbank für urheberrechtlich geschützte Werke und Rechteinhaber auf europäischer Ebene. Funktionsweise: Ist ein aktueller Rechteinhaber auf eine eindeutige und automatisierbare Weise nicht ermittelbar, sollte eine umfassende Nachnutzung möglich werden.
- Die „verwandten Schutzrechte“ gehören auf den Prüfstand, da sie für künstliche Monopole sorgten und die eigentlichen Urheber nicht angemessen zu beteiligen in der Lage seien.
- Eine grundlegende Neufassung müsse den Wandel zu einem Urheber- und Verbraucherrecht abbilden.
- Die Schlechterstellung der Nutzer bei digitalen Werken müsse beendet werden, u.a. durch eine Abschaffung des „unzeitgemäßen“ Erschöpfungsgrundsatzes, da digitale Werke kein Trägermedium im klassischen Sinne mehr aufweisen könnten.
- Fair Use-Klausel statt Schrankenlösungen, um neue Geschäftsmodelle zu unterstützen.
Zu den Unterzeichnern:
- Digitale Gesellschaft e.V. wurde im Umfeld von netzpolitik.org gegründet. Die Idee ist, eine kampagnenorientierte Initiative für eine bürgerrechts- und verbraucherfreundliche Netzpolitik zu schaffen. Warum wir das wollen, steht im Artikel “Wir sind die Digitale Gesellschaft!”
- Wikimedia ist eine internationale gemeinnützige Organisation, die freies Wissen fördert. Zu den Projekten, die unterstützt werden, gehört die Online-Enzyklopädie Wikipedia, deren Betreiberin die Wikimedia Foundation ist.
- Die Open Knowledge Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die 2004 in Großbritanien gegründet wurde. Kernthema ist die Verbreitung von offenen und freien Informationen im digitalen Zeitalter.
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