Das Urheberrecht bleibt ein hochkomplexes Feld. Während die EU weiter an einer umfassenden Urheberrechtsreform bastelt, spielt sich in Deutschland ein Drama um Verwertungsrechte ab.
Die finale Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass die Verlage nicht mehr automatisch und pauschal an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften beteiligt werden, kommt im Frühjahr zwar mit Ansage, ist aber für viele Buchverlage ein harter Schlag, weil die mit den Autoren geteilten Verwertungserlöse lange eine fest einkalkulierte Einnahme waren. Zu dem Ausfall kommen Rückzahlungen für frühere Ausschüttungen allein an die VG Wort in einer Größenordnung von 100 Mio Euro.
Dann wird es kompliziert: Der Verlag C.H. Beck legt Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil ein. Politisch gibt es zudem Sympathieerklärungen für einen gesetzlichen Anlauf, Verlage wieder an Ausschüttungen zu beteiligen, was sich aber als kompliziert erweist. Kinderbuchverlage fordern alternativ ein Leistungsschutzrecht. Der Börsenverein warnt mit Blick auf die Rückforderungen vor zahlreichen Verlagspleiten und bemüht sich vergeblich um staatliche Stütze. Die VG Wort findet einen Weg, die Rückzahlungsfrist ins Jahr 2017 zu verlagern.
Schnell ist indes klar: Ohne die Urheber geht vorerst nichts. Nur sie können – rückwirkend und künftig – auf ihre Ansprüche verzichten, um so die Verlage wieder an den Ausschüttungen teilhaben zu lassen. Das gilt auch für die von der Großen Koalition im vorweihnachtlichen Schnellverfahren durchgepeitschte grundsätzliche Option einer Verlegerbeteiligung. Ob diese tatsächlich wieder rechtssichere Praxis wird, hängt – s.o. – an der EU.
EU-Pläne für ein modernes Urheberrecht
Im Mai 2015 hat die Europäische Kommission angekündigt, einen digitalen Binnenmarkt schaffen zu wollen, um den grenzüberschreitenden Handel in der EU zu erleichtern. Dazu braucht es etliche gesetzliche Neuregelungen. Insgesamt 16 Maßnahmenpakete wurden in den vergangenen 12 Monaten vorgestellt.
Mit dabei ist auch eine Reform des Urheberrechts. Der Richtlinienentwurf, der im Herbst 2016 vorgestellt wurde, sieht explizit nationalen Spielraum vor für eine Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften.
Der Hintergrund: Im November 2015 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Reprobel-Urteil entschieden, dass Verlage keinen Anspruch auf Nutzungsvergütungen haben, da sie keine Rechteinhaber seien. Infolgedessen kippte auch der Bundesgerichtshof im sog. Vogel-Urteil die bisherige Ausschüttungspraxis.
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