Im kommenden Jahr will die GroKo das Urheberrecht reformieren. In einem „Zeit“-Interview hat Bundesjustizminister Heiko Maas Grundzüge der geplanten Änderungen vorgestellt und gegen erste Kritik in Schutz genommen. Jetzt kann man das komplette Interview online nachlesen.
Für heftige Reaktionen aus der Buchbranche sorgte bereits der Plan des Bundesjustizministers, eine Rückrufoption für Urheber nach 5 Jahren einzuführen. Dieses Vorhaben verteidigt Maas in dem Interview gegen die Kritik aus den Verlagen (hier die Meldung auf buchreport.de bei Erscheinen des Interviews in der gedruckten „Zeit“).
Für Buchverlage sind aber auch andere Aussagen des Ministers interessant:
- Die Regierung hält an dem Plan einer einheitlichen Bildungs- und Wissenschaftsschranke fest.
- Eine hoffnungsvolle Nachricht für Fachverlage: Die Regierung will zwar, dass Forschung und Wissenschaft die neuen digitalen Möglichkeiten nutzen können, aber die Verlage sollen auch nicht leer ausgehen. Die Regierung sei auf der Suche nach einer Lösung, z.B. in Form neuer Lizenzierungsmodelle, und werde in der ersten Hälfte des neuen Jahres einen Vorschlag veröffentlichen.
- Der Minister bekräftigt die Zusage, dass die Buchpreisbindung im Rahmen der Verhandlungen für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP nicht zur Disposition steht.
Was sich ganz vernünftig liest, ist leider in großen Teilen eine unzutreffende Vereinfachung und Verharmlosung des Gesetzesentwurfs durch Herrn Maas. Zum Beispiel:
„In der Regel ist der erste Zeitraum der Verwertung der wirtschaftlich interessante, danach kommt es oft zu Problemen mit brachliegenden Rechten.“
Das stimmt so nicht für große Teile des Buchmarkts, gerade bei schwierigen, weniger populären Titeln muss eine Auflage oft für viele Jahre reichen, jedenfalls deutlich mehr als fünf Jahre. Bei „brachliegenden Rechten“ hat der Autor schon jetzt das Recht, diese zurückzurufen. Dafür braucht er die Gesetzesnovelle nicht.
„Die Urheber und Verlage können frei entscheiden, ob sie hiervon [der 5-Jahres-Frist] Gebrauch machen wollen.“
Weder die Verlage noch die Urheber können, wenn der Entwurf Gesetz wird, noch frei über die 5-Jahres-Frist entscheiden. In einer Kollektivvereinbarung, einer Art Tarifvertrag, ist das in der Tat möglich, aber das ist dann wahrlich nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung der Verlage mehr, sondern das Ergebnis eines vom Gesetz verursachten Zwangs in einen einheitlichen Tarifvertrag, der weder den Besonderheiten des konkreten Buchprojekts noch des Verlags entgegenkommen kann.
„Jeder kann auch künftig seine Verträge selbst aushandeln, wenn er der Meinung ist, dass er gute Konditionen bekommt.“
Genau das geht mit diesem Entwurf nicht mehr. Selbst für einen höheren Umsatzanteil oder ein höheres Garantiehonorar kann ein Autor die 5-Jahres-Frist nicht tauschen gegen, sagen wir, eine 10-Jahres-Frist, wie sie Literaturagenten oft festlegen. Der Gesetzentwurf zwingt Verlage und Autoren, eine kurzfristige Perspektive einzunehmen.
Alexander Camman trifft es in der gleichen Ausgabe der ZEIT (S. 61, Artikel „2015 ist das Jahr der kleinen Verlage“) besser: „wenn die Pläne von Justizminister Heiko Maas zum Urheberrecht Gesetz würden und Autoren schon nach fünf Jahren die Rechte an ihren Werken zurückhaben könnten (s. Interview S. 58), dann kann sich kein kleiner Verlag mehr neugierige Entdeckungen und den Glauben an Außenseiter leisten – bald wäre es vorbei mit der paradiesischen Büchervielfalt.“