Wenn es nach der „New York Times“ geht, hat James Salter bereits alles erreicht. „Sein Ruf ist ihm so sicher, er hat nichts mehr zu beweisen. Wenn es einen Mount Rushmore für Schriftsteller gäbe, wäre er bereits dort“, schrieb die Zeitung kurz nach dem Erscheinen seines jüngsten Romans „Alles, was ist“ 2013.
Der vielfach preisgekrönte Autor selbst bezweifelt das. „Dieses Mount-Rushmore-Ding. Da sind wohl ein bisschen die Pferde mit der New York Times durchgegangen“, sagte er damals der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist aufgeblasen.“
Am 10. Juni wird Salter 90 Jahre alt, seine Stimme zittert inzwischen leicht und die Energie lässt nach, aber der US-Bestsellerautor hat noch viel vor. Vor kurzem erst ist er als Gastprofessor an die Universität von Virginia zurückgekehrt. „Möglicherweise bin ich irgendwann gezwungen, in Rente zu gehen, aber noch habe ich das nicht vor. Innen drin fühle ich mich immer noch ziemlich jung, aber natürlich mache ich mir Gedanken über das Älterwerden. Die 90 machen mir keine Angst. Ich möchte leben, bis ich 92 bin.“
Die Kritiken sind mit den Jahren nur besser geworden. „Alles, was ist“, die Geschichte eines Kriegsveteranen und Lektoren, dessen Leben aus den Fugen gerät, wurde geradezu frenetisch gefeiert. Das Werk sei „erstaunlich gut“, schrieb der britische „Guardian“. Die „New York Times“ feierte es als „krönenden Erfolg“ und jubelte: „Dieser Roman lässt die vergangenen vier Dekaden in einem komplett neuen Licht erscheinen.“ Das Buch habe Wiedererkennungswert, sei aber trotzdem „frappierend originell“. „Niemand außer Salter hätte es schreiben können“ und es sei der Beweis, „dass dieser literarische Löwe immer noch sehr auf der Jagd ist“. Salters Kommentar dazu: „Ich bin niemals völlig zufrieden. Es könnte besser sein.“
Sein eigenes Leben erinnert ein wenig an das des „Alles, was ist“-Protagonisten Philip Bowman. Auch er war beim Militär und wechselte dann in die Literatur-Welt, allerdings als Schriftsteller. Mit seinen ersten Romanen „Ein Spiel und ein Zeitvertreib“, „In der Wand“ und „Lichtjahre“ feierte er in den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren große Erfolge und schrieb außerdem erfolgreich Drehbücher für Hollywood. Doch dann wurde es zunächst ruhiger um Salter. Er veröffentlichte Erzählungen, eine Autobiografie und zusammen mit seiner Frau, der Schriftstellerin Kay Eldredge, ein Kochbuch. Mit ihr verbringt er bis heute den Großteil des Jahres in einem kleinen Häuschen im New Yorker Nobelvorort Bridgehampton.
Trotz des Kritikerjubels hat es Salter, der immer noch mit Hand und Schreibmaschine arbeitet, nie in die allererste Reihe der US-Schriftsteller gebracht. Philip Roth, der 2009 gestorbene John Updike oder Jonathan Franzen sind deutlich bekannter und ihre Bücher verkaufen sich besser. Der britische „Guardian“ bezeichnete Salter einmal als den „vergessenen Helden der US-Literatur“. Inzwischen habe er sich damit abgefunden, sagt Salter. „Ich bin was ich bin. Das akzeptiere ich.“
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