In den letzten anderthalb Jahren ist Bewegung in das „Katz-und-Maus-Spiel“ zwischen Verlagen und Übersetzern gekommen. Einer Erkenntnis kann man sich nicht mehr verschließen: Wir alle müssen uns darauf einstellen, dass die Verlage übersetzte Literatur über kurz oder lang anders kalkulieren müssen als heute. Dafür wird entweder eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in den seit längerem anhängigen Vertragsanpassungsklagen einer Reihe von Übersetzerinnen und Übersetzern sorgen. Nach seinem Urteil sind weitere Prozesse zu erwarten, denen der Spruch des BGH eine klare Entscheidungsrichtlinie geben wird.
Oder aber Verlage und Übersetzer schaffen es doch noch, sich auf eine sachverständige Branchenlösung zu einigen und so von der Justiz unabhängig zu bleiben. Beide Seiten haben sich in den vergangenen Jahren weit aufeinander zu bewegt, in einem Prozess, der teils durch Einsicht, teils durch den Zwang der Umstände bestimmt war. So haben die Übersetzer seit langem ihren Ruf nach verdreifachten Honoraren aufgegeben. Von der Sache her berechtigt war er durchaus, aber man konnte sich nicht auf Dauer der Erkenntnis verschließen, dass diese Forderung verlagsökonomisch unrealistisch war.
Ebenso unrealistisch aber ist die bis heute genährte Hoffnung der Verlage auf eine Regelung, die sie nichts kostet. Auch der im September von der Mitgliederversammlung des Übersetzerverbandes abgelehnte Vorschlag einer Vergütungsregel hätte keine wirkliche Verbesserung gebracht. So hätte er u .a. Durchschnittshonorare als angemessen festgeschrieben, die schon seit Jahren als ungenügend erkannt sind. Und nicht nur das: Ein Vergleich von Honoraren und Kaufkraftentwicklung der letzten zehn Jahre zeigt, dass der Übersetzerlohn heute nur noch 80% seines Werts im Jahr 1998 beträgt.
Das novellierte Urhebervertragsrecht sagt es klipp und klar: Die Übersetzervergütung ist unangemessen niedrig. Und es gibt beiden Seiten auf, sich auf eine verträgliche Branchenregelung zu einigen. Wenn das jetzt nicht gelingt, partnerschaftlich und zur Befriedigung beider Seiten, bleibt nur noch das Warten auf den Bundesgerichtshof.
In diesem Sinn erklärt der neu gewählte Vorsitzende des Übersetzerverbandes, Hinrich Schmidt-Henkel: „Wir stehen zu dem Versuch, gemeinsam mit den Verlagen auf partnerschaftlicher Basis eine langfristig tragfähige Branchenlösung zu finden. Nur so sind wirkliche Rechtssicherheit und Branchenfrieden zu erreichen. Wenn wir die Gestaltung unserer gemeinsamen Geschäftsgrundlage in der Hand behalten wollen, müssen wir diese Konsensleistung jetzt vollbringen.“
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