Die schleichenden Veränderungen sind oft die gefährlicheren. Insofern setzen die signifikanten Umsatzrückgänge im stationären Buchhandel ein zwar unwillkommenes, aber womöglich notwendiges Ausrufezeichen, denn die jetzt in einem ausgesprochen freundlichen Konsumumfeld erzielten Zahlen im Weihnachtsgeschäft wie auch übers Jahr verweisen nicht auf den Medienwandel oder gar eine Erosion des Buchmarktes insgesamt, sondern auf die veränderten Einkaufsströme.
So wird die andere Branchensparte Publikumsverlage, die sich am 20. Januar in München zu ihrer Jahrestagung trifft, weniger zu klagen haben, weil nicht die Nachfrage schwächelt, sondern sich „nur“ die Wege zum Kunden verlagern. Der Strukturwandel zeigt sich besonders auffällig, wenn Verlage ihre Großabnehmer vergleichen und zur gleichen Zeit die Bestellungen von großen Filialisten zurückgehen, während die großen Online-Shops kräftiger ordern.
Dass Endkunden vor allem bei Titeln, die kurzfristig ins Gespräch kommen, schnell online zum Zielkauf schreiten, ist ein Trend, der sich mit jeder reibungslosen Zustellung verstärkt. Zwar haben die Onlineshop-Kunden vor Weihnachten lernen müssen, dass bei Schneetreiben auch der Versand ins Stocken kommt, insgesamt haben die schwierigen Wetterbedingungen des Jahres 2010 im 1. Quartal und im Weihnachtsgeschäft den ohnehin vorhandenen Trend zugunsten des „bequemen“ Online-Shoppings verstärkt.
Die großen Filialisten, kürzlich noch auf flächenintensivem Expansionskurs, orientieren sich bereits neu. Der verbliebene Standortbuchhandel wird nun schauen müssen, wo zwischen gut geöltem Online-Service und professionell inszeniertem Mainstream sein Charme liegen kann. Dass sich auch im internationalen Vergleich die Großformen schwer tun und im angloamerikanischen Markt die „Unabhängigen“ Achtungserfolge erzielen, macht Mut, das Profil zwischen den Großen zu schärfen.
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