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Verfrühter Ruhm

Der Rowohlt Verlag klagt gegen den „Spiegel“, der zwei Wochen vor dem Erscheinen von Daniel Kehlmanns Roman „Ruhm“ ein Porträt des Autors gebracht hatte, den Rowohlt als vorzeitige Rezension bewertet. Im Vorfeld des Erscheinens hatte Rowohlt Fahnen versandt, wobei die Redaktionen zuvor eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnen sollten: Bei einer Besprechung vor dem Erscheinungstermin sollte demnach eine Konventionalstrafe in Höhe von 250.000 Euro fällig werden. buchreport.express hatte darüber am 8. Januar berichtet:

Nachdem bereits Ende vergangenen Jahres die „FAZ“ in der Samstagsbeilage „Bilder und Zeiten“ einen vom Autor gekürzten Roman-Auszug samt Interview brachte, gab es Anfang Januar auch beim „Spiegel“ kein Halten mehr. Für das Hamburger Nachrichtenmagazin der Mediengruppe (zu der auch der buchreport-Verlag Harenberg gehört), hat Literatur-Kritiker Volker Hage den Schriftsteller in Wien besucht. Übereinstimmend mit „FAZ“-Redakteurin Felicitas von Lovenberg berichtet Hage über das „nasskalte Wiener Wetter“, jedoch hat sein Beitrag eher den Charakter einer Buchbesprechung. „Eigentlich war ein Interview oder Porträt verabredet“, teilt Rowohlt-Sprecherin Ursula Steffens angesäuert mit. Der „Spiegel“ hält dem entgegen, der Beitrag bewege sich in dem mit Kehlmann und dem Verlag besprochenen Rahmen. „Wir haben die Vertraulichkeitserklärung nicht unterschrieben und erwarten keine juristischen Folgen“, sagt „Spiegel“-Sprecher Hans-Ulrich Stoldt.

Schnelllebigkeit des Buchmarktes setzt alle Akteure unter Druck
Auslöser des „Sperrfrist“-Streits ist die Schnelllebigkeit des Buchmarkts, die Buchhandlungen, Verlage und Literaturredakteure gleichermaßen unter Druck setzt: Die Kritiker müssen sich im Wettlauf um die schnellste Rezension behaupten, Verlage minutiös ihre Marketingaktionen um den Erscheinungstermin planen und Sortimenter möglichst schnell auf eine Nachfrage reagieren. „Wir haben kein Interesse, dass Rezensionen mehrere Wochen vor dem Erscheinen des Buches publiziert werden und eine Nachfrage im Handel schüren, die nicht befriedigt werden kann. Das führt nur zur Verärgerung bei Kunden und Buchhändlern“, argumentiert Rowohlt. Zuletzt habe der Verlag die Erfahrung gemacht, dass zunehmend gegen Sperrfristen verstoßen werde.

Einseitig gesetzte Sperrfristvermerke sind nicht juristisch bindend
Tatsächlich sind die Sperrfristvermerke in den Rezensionsexemplaren eine freundliche Empfehlung, an die Journalisten juristisch nicht gebunden sind. „Einseitig gesetzte Sperrfristen sind rechtlich unbeachtlich“, formuliert es der Medienrechtler Udo Branahl. Anders sieht es aus, wenn explizite Vereinbarungen unterzeichnet werden, die einige Verlage bei besonders prominenten Titeln fordern (z.B. der Fischer Verlag bei Götz Alys 68er-Schelte „Unser Kampf“; wobei Aly selbst durch einen eigenen Beitrag in der „Frankfurter Rundschau“ den Verlag zu einem Vorziehen des Erscheinungsdatums zwang). Der Deutsche Journalistenverband (djv) rät den Redaktionen, sich auf eine solche Vereinbarung nicht einzulassen: „Es ist an den Verlegern, den Versand von Rezensionsexemplaren entsprechend ihren eigenen Vorstellungen zu koordinieren“,meint djv-Sprecher Hendrik Zörner.

aus: buchreport.express 1/2 2009

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