Die Idee einheitlicher Preise für Bücher reicht ins 19. Jahrhundert zurück. Der deutsche Buchhandel war der erste Wirtschaftszweig, der einen festen Ladenpreis für seine Produkte zu seinem zentralen Anliegen machte.
1878 hatte der Stuttgarter Verleger und Börsenvereinsvorsteher Adolf Kröner Absprachen zwischen Verlagen und Buchhändlern zum festen Ladenpreis vorgeschlagen, zehn Jahre später wurde sie für die Branche in der Satzung des Börsenvereins fixiert, einschließlich der Möglichkeit verbandsinterner Sanktionen bis hin zur Liefersperre.
Früher Streit um Wissenschaft
Es folgten Präzisierungen in Verkehrs- und Verkaufsordnungen des Börsenvereins, aber auch heftige Auseinandersetzungen, wie der „Bücherstreit“ von 1904. Die Chronik des Mohr Siebeck Verlags erinnert daran, dass der Leipziger Nationalökonom (und Mohr-Autor) Karl Bücher den Konflikt mit einer Streitschrift auslöste. Er kritisierte darin, dass der Buchhandel dank seiner im Börsenverein konzentrierten Macht einseitig seine eigenen Interessen verfolge, die Verleger die Autoren „ausbeuteten“, die Bücherpreise zu teuer angesetzt würden und das wissenschaftliche Sortiment nur ein „unnötiges parasitäres Zwischenglied“ sei. Der Buchhandel und die wissenschaftlichen Verleger setzten sich aber für die Unentbehrlichkeit des wissenschaftlichen Sortiments ein und wehrte die geforderte Abschaffung der Preisbindung ab.
Kartellamt prüft Sammelreverse
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nach einer Übergangsphase eine Preisbindung der zweiten Hand durch verschiedene Sammelreverse angewendet, gegen die allerdings das Bundeskartellamt diverse Bedenken äußerte. Die Systeme wurden in den 1960er-Jahren abgelöst durch ein kartellrechtlich unbedenkliches Sammelreverssystem, das der Wiesbadener Rechtsanwalt Hans Franzen im Auftrag von Verlagen entwickelte.
Auch als die bis dahin mögliche vertikale Preisbindung für Markenerzeugnisse 1973 wegen zunehmender Verpflechtung der europäischer Märkte verboten wurde, blieb die Preisbindung für Verlagserzeugnisse weiterhin gestattet. 1975 wurde das bis dahin in der Abwicklung sehr komplizierte Sammelreverssystem vereinfacht und 1990 auch auf die neuen Bundesländer übertragen.
Kompliziert wurde es mit der EU
Eine weitere Herausforderung bedeuteten Regelungen der Europäischen Gemeinschaft für den Europäischen Wirtschaftsraum. Nationale Preisbindung für Bücher blieb zwar zulässig, nicht aber grenzüberschreitende Preisabsprachen. Reimporte hätten so die vom Kartellamt geforderte Lückenlosigkeit der Preisbindung in Frage gestellt. Die Lösung war ein Drei-Länder-Revers, der Buchhändler verpflichtete, die von den Verlagen in der jeweiligen Landeswährung festgesetzten Ladenpreise einzuhalten.
Die grenzüberschreitenden Absprachen und das Reimportverbot wurden von der EU-Kommission zunächst toleriert, später in Frage gestellt. Ein weiterer Sammelrevers relativierte die Re- importfrage, beendete aber nicht die Verunsicherungen und Diskussionen. Das besorgte erst das 2002 in Kraft getretene deutsche Buchpreisbindungsgesetz. Zuvor war bereits in Österreich ein Preisbindungsgesetz verabschiedet worden.
Lesen Sie zu diesem Thema auch das Interview mit den Preisbindungstreuhändern Christian Russ und Dieter Wallenfels.
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