Zum Vorstoß der Monopolkommission, die Buchpreisbindung abzuschaffen, hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) deutlich Stellung bezogen. Der BEVH vertritt auch den Versandbuchhandel seit der Fusion mit dem Bundesverband der Deutschen Versandbuchhändler. Die Versandbuchhändler bilden die Fachgemeinschaft Buch.netz im BEVH. Sie wird juristisch vertreten von Christian Russ, der in der Buchbranche vor allem durch seine Tätigkeit als Preisbindungstreuhänder der Verlage bekannt ist und Co-Autor des Kommentars zum Buchpreisbindungsgesetz.
Die vom BEVH verbreitete Stellungnahmen von Russ im Wortlaut:
Die Monopolkommission schlägt in ihrem soeben veröffentlichten Gutachten die Abschaffung der Buchpreisbindung vor. Dieser Vorschlag war zu erwarten, nachdem sich der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, bereits im Vorfeld des Gutachtens ablehnend zur Buchpreisbindung geäußert hatte. Die später erfolgte Anhörung der Fachkreise war eine reine Alibi-Veranstaltung; die dort vorgetragenen Argumente stießen auf die Ablehnung der ersichtlich voreingenommenen Kommissionsmitglieder.
Dabei erkennt das Gutachten durchaus die mit der Buchpreisbindung verbundene Stützung eines breit gefächerten Buchhandels an. Damit erfüllt die Preisbindung eigentlich exakt den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck. Statt dies jedoch anzuerkennen, wird der Strukturwandel der Branche als Argument gegen die Preisbindung ins Feld geführt: Da es immer weniger stationäre Buchhandlungen gäbe, könne man den verbliebenen Händlern durch Abschaffung der Buchpreisbindung ja gleich den Todesstoß versetzen, so wohl die Ratio des Gutachtens. Die logische Folge wäre freie Fahrt für die Bildung von Monopolen im Buchmarkt. Ist es aber wirklich die Aufgabe der Monopolkommission, sich für die Bildung von Monopolen stark zu machen?
Wenn sich voreingenommene Gutachter äußern, ist das Ergebnis meistens wenig überzeugend, so auch in diesem Fall. Die Wirkungen der Preisbindung sind der Monopolkommission „unklar“ – aber ist das angesichts eines funktionierenden Buchmarkts wirklich ein Argument für die Abschaffung? Bei der Argumentationsführung verstrickt sich die Kommission zudem in Widersprüche: Einerseits konstatiert sie die
Marktverschiebungen zu Gunsten auch ausländischer Online-Anbieter wie Amazon – andererseits behauptet sie allen Ernstes, ausländische Versender hätten keine Chance auf dem deutschen Buchmarkt.
Am Beispiel der Schweiz will die Kommission beweisen, es ginge ja auch ohne Preisbindung. Allerdings bleibt dabei unberücksichtigt, dass in der Schweiz zu 80% Bücher deutscher Verlage verkauft werden. Und zuletzt schloss der größte Schweizer Filialist Ex Libris, auf dessen Betreiben die Preisbindung in der Schweiz seinerzeit abgeschafft wurde, 43 seiner 57 Filialen. Begründung: Die Konkurrenz des Onlinehandels auf einem Markt ohne Preisbindung. Es ist im Grunde schon ein starkes Stück, dass die Monopolkommission diese wichtige Entwicklung in der Schweiz in ihrem Gutachten ebenfalls mit keinem Wort erwähnt.
Das Gutachten der Monopolkommission ist bei den Parteien der Regierungskoalition auf einhellige Ablehnung gestoßen, bei der zuständigen Staatsministerin Grütters gar auf „Fassungslosigkeit“. Diese kann man uneingeschränkt teilen. Es ist im Grunde ein Skandal, dass hier öffentliche Gelder für ein „Gutachten“ verschwendet werden, dessen Ergebnis von vornherein fest stand und das derart tendenziös und schwach begründet ist. Dabei ist es ja durchaus legitim, sich gegen die Buchpreisbindung auszusprechen und die mit ihr verbundenen Einschränkungen des Marktes zu thematisieren. Selten hat es jedoch in der Geschichte der Monopolkommission ein so unwissenschaftliches Gutachten gegeben, das sich weitgehend in Vermutungen erschöpft, aus Tatsachen fragwürdige Schlüsse zieht oder die Tatsachen gleich ganz weglässt, wo sie stören.
Deutschland hat einen der besten Buchmärkte der Welt. Wer will, kann sich jeden Tag beim Stöbern in Online-Katalogen oder in einer stationären Buchhandlung davon überzeugen. „Never stop a running engine“, sagen die Ingenieure. Wenn man in einen gut funktionierenden Markt eingreifen will, müssen die Argumente stichhaltig und überzeugend sein. Die der Monopolkommission sind es jedenfalls nicht.
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