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Viel mehr Schatten als Licht

Im Flaggschiff von Barnes & Nobles am Union Square in New York
Schnee und Eis wie ein Jahr zuvor waren es diesmal nicht, die vielen deutschen Buchhändlern einen besseren Jahresabschluss als das von buchreport auf der Basis der monatlichen Umsatztrends errechneten Minus von 2,6% vermiest haben. Doch die Deutschen sind mit ihrer mäßigen Bestandsaufnahme nicht allein, ganz im Gegenteil.

Rund um den Globus fallen die Bilanzen für das Weihnachtsgeschäft und/oder das vergangene Jahr bestenfalls durchwachsen aus. Bei der Ursachenforschung werden neben landestypischen Entwicklungen wie zum Beispiel in Australien und allgemein schwächelnder Konjunktur vor allem die sich zugunsten des Online-Handels verschiebenden Marktanteile genannt.

Erste Trends aus dem Weihnachtsgeschäft in Großbritannien und den USA hat buchreport bereits veröffentlicht. Aus dem Vereinigten Königreich ist mittlerweile noch zu vermelden, dass das von Nielsen BookScan statistisch festgehaltene Privatkundengeschäft 2011 um 6,6% auf 1,59 Mrd Pfund rückläufig war. Auch die Zahl der verkauften Bücher sank dort, und zwar um 7,2% auf 209,3 Mio Pfund. Trotz des anhaltenden Preiskampfes im Handel stieg der Durchschnittspreis ganz leicht um 0,8% auf 7,59 Pfund.

Über das Geschäft mit E-Books gibt es derzeit noch keine Daten, allerdings wurden, so meldet der „Bookseller“ unter Berufung auf das Meinungsforschungsinstitut YouGov, im Weihnachtsgeschäft 1,33 Mio E-Reader gekauft, 90% davon Kindle-Formate. 

Buchhändler ziehen weltweit magere Bilanzen

Nachfolgend die ersten verfügbaren  Zahlen und Fakten aus weiteren europäischen Ländern sowie Australien und Kanada:

  • Frankreich: Nach ersten Schätzungen ist das Weihnachtsgeschäft besser als 2010 verlaufen. Umsatzzuwächse gehen in erster Linie darauf zurück, dass mehr Kunden unterwegs waren, der Durchschnittsbon ist nicht gestiegen. Bis Ende November lag der kumulierte Jahresumsatz laut Branchenblatt „Livres Hebdo“ um 1,5% zurück, in der Endabrechnung ist deshalb durchaus noch eine „schwarze Null“ möglich. Grafische Romane und Comics sowie Kinderbücher waren querbeet gefragt, hochpreisige gebundene Bücher dagegen blieben in den Regalen liegen.
  • Dänemark: Die erhoffte Trendwende ist nach zwei sehr schwachen Jahren auch 2011 offensichtlich ausgeblieben. Nach drei Quartalen lag der Branchenumsatz laut „Bogmarkedet“ um 5% zurück, das Weihnachtsgeschäft hat in Gänze stagniert, verlief aber uneinheitlich mit vielen Ausschlägen im Buchhandel nach oben und unten. Ohne Preisbindung haben Supermärkte und Online-Shops Toptitel mit Preisabschlägen von bis zu 60% verkauft. E-Book-Umsätze wurden zwar verdoppelt, ihren Anteil am Gesamtumsatz schätzt „Bogmarkedet“ aber weiterhin auf unter 2%.
  • Niederlande: Der Roman „Het famileportret“ von Jenna Blum (De Boekerij)  war 2011 mit 261 559 Exemplaren das meistverkaufte Buch in den Niederlanden, meldet der Branchenverband Stichting Collectieve Propaganda van het Nederlandse Book (CPNB). Ungewöhnlich: In der Jahresbestsellerliste belegen heimische Autoren die ersten acht Plätze. Während das Weihnachtsgeschäft einigen Buchhändlern satte Umsatzzuwächse beschert hat, reichte der Endspurt nicht aus: Insgesamt wurden 42,7 Mio Bücher im Wert von 534 Mio Euro verkauft, das entspricht einem Minus von 4,6%. Erstmals hat CPNB auch die Verkaufszahlen von E-Books nachgehalten, die 7,6 Mio Euro in die Kasse gebracht haben. 
  • Italien: Ein gutes Weihnachtsgeschäft hätte in Italien noch die Pizza aus dem Ofen holen können, doch laut „Informazioni Editoriali“ ist genau das Gegenteil eingetreten: Nach einem Einbruch von 7,9% im umsatzstärksten Monat des Jahres hat der Buchhandel 2011 insgesamt mit einem Minus von 3,6% abgerechnet. Überdurchschnittlich gut wurden im Weihnachtsgeschäft erzählende Literatur und Kinderbücher verkauft, besonders groß war das Interesse an heimischen Autoren. Auffällig ist die Entwicklung der Preise: Während der Durchschnittspreis übers Jahr gesehen bei 13,34 Euro lag, kletterte er im Dezember auf 13,93 Euro. 
  • Russland: Was Statistiken angeht, ist der russische Buchmarkt schon allein wegen der Größe des riesigen Landes notorisch schwierig, hinzu kommt, dass die Russen Weihnachten erst am 6. Januar feiern, das Land bis einschließlich 9. Januar fast geschlossen in den Ferien war und Zahlen deshalb frühestens Ende des Monats erwartet werden. Die vom Branchenblatt „Book Industry Magazine“ bis einschließlich Mitte Dezember gesammelten Daten geben zumindest einen ersten Aufschluss über die Entwicklung wichtiger Warengruppen im Jahresverlauf. Danach lagen Kinderbücher um 11,2% und Schulbücher um 12,8% über 2010, während die Belletristik um 3,4%, das Fachbuch um 4,1% sowie Ratgeber um 2,2% im Minus waren.
  • Australien: Der Kollaps der Einzelhandelsgruppe Redgroup mit ihren Buchhandelstöchtern Angus & Robertson und Borders gilt als Hauptursache für den Umsatzeinbruch um 12,6% auf 1,1 Mrd australische Dollar, den Nielsen Book-Scan für den australischen Buchmarkt ausgerechnet hat. Die Zahl der verkauften Bücher lag mit 60,4 Mio Exemplaren um 7,1% unter Vorjahr. 
  • Kanada: Wie in den USA sind Zahlen für den kanadischen Buchmarkt schwierig zu bekommen. Marktführer Chapter Indigo Books & Music hat sein Resümee noch nicht veröffentlicht, doch „Publishers Weekly“ meldet, dass viele Indies mindestens auf Vorjahresniveau abgeschnitten haben und angesichts der schwierigen Marktverhältnisse damit schon zufrieden sind. 

Aus: buchreport.express 3/2012

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