Buchverlage blicken bei ihren Online-Aktivitäten viel zu stark auf den Handel, meint Eric Kubitz. Der SEO-Experte und Webinar-Referent fordert, dass Verlage stärker Autoren und Themen im Netz platzieren – und sich so selbst als Marke profilieren.
Im Webinar-Video zeigen Eric Kubitz und buchreport, mit welcher SEO-Strategie Buchverlage aus dem digitalen Schatten von Amazon & Co. heraustreten können.
Themen:
- SEO 3.0: Wie die Suchmaschine heute arbeitet
- Es geht um mehr: Warum SEO für Buchverlage so wichtig ist
- Mit welchen SEO-Schwierigkeiten Buchverlage zu kämpfen haben
- Ideen und Konzepte für eine bessere Sichtbarkeit
„Verlage wollen im Netz offenbar nicht gefunden werden“, haben Sie einmal gesagt. Was meinten Sie damit?
Vor einem Verlags-Workshop im vergangenen Jahr bekam ich das ausdrückliche Briefing, dass es nur darum ginge, die Klappentexte so zu verfassen: So, dass sie bei Amazon gut ranken. Das war frustrierend, das klang für mich nach Resignation. Dort hatte man offensichtlich aufgegeben, die Leser direkt zu erreichen. Dabei ist genau das meiner Meinung nach eine der Aufgaben eines Verlages.
Für Verlage ist es aber tatsächlich schwierig, bei Google im Schatten von Amazon & Co. zu agieren. Sind Verlage nicht de facto chancenlos?
Nein, chancenlos überhaupt nicht. Natürlich ist Amazon die digitale Ladentheke der Verlage. Das ist auch gut so. Jeder soll machen, was er am besten kann. Wir müssen uns also fragen, was Verlage am besten können. Da denke ich zum Beispiel an die Entwicklung von Autoren und Themen. Ein guter Autoren-Name ist eine starke Marke im Internet. Bei Amazon sind Autorenseiten aber primär Bücherlisten. Die Verlage können dagegen Hintergründe, Interviews, Termine für Lesereisen bieten, zeigen, welcher Zauber in den Worten eines Autors steckt. Das gleiche gilt für Themen: Auf Amazon finden wir unter „Fantasy“ auch wieder nur eine Liste mit Büchern. Der Verlag kann dagegen eine Fantasy-Serie ganzheitlich mit all ihrer Magie darstellen. Wir reden hier doch von Bücherwelten – und nicht vom Verkauf von Bleistiften!
Schneiden Bleistift-Firmen oder andere Branchen beim Thema SEO besser ab als Buchverlage?
Verlage schneiden tatsächlich vergleichsweise schlecht ab. Jedenfalls im Schnitt. Man hat den Eindruck, dass viele Verlagsleitungen kapituliert haben und nur noch ans Verkaufen von „Produkten“ denken. Doch das können Buchhändler natürlich besser. Und was an inhaltlichen Themen – also „Autor als Marke“, „Themen als Welt“ – möglich wäre, dafür fehlt entweder das Geld oder das Engagement. Dabei wäre es doch schön, wenn ein Suchender bei Google auf seine Frage nach guten Fantasy-Büchern nicht die Bücherliste von Amazon zu sehen bekommt, sondern das Verlagsprogramm eines in Fantasy engagierten Verlages.
Was ist der größte oder am weitesten verbreitete Fehler von Buchverlagen beim Thema Suchmaschinen?
Zweitens haben mir einige Verlagsleiter gesagt, dass sie keine Marke seien. Doch das stimmt nicht! Man braucht gar nicht Random House oder Rowohlt sein, um im Internet eine starke Marke zu werden, also eine Anlaufstelle für Fans und Leseratten. Das Internet besteht aus vielen Nischen. Und diese können auch von Offline-Marken beackert und auch beherrscht werden. Und, nun ja, Google liebt Marken…
Das klingt nach viel Budget.
Vielleicht. Allerdings dürfen Sie nicht vergessen, dass SEO eine Investition ist. Während Werbegelder nach der Werbung einfach verschwunden sind, ist die Investition in Content, Struktur und Technik nachhaltig. Das erwähne ich immer, wenn SEO-Maßnahmen zum Beispiel mit AdWords oder Bannerkampagknen verglichen werden.
Wo sehen Sie ein Best Practice-Beispiel innerhalb der Buchbranche?
Ach, „Best Practice“ klingt immer so „die machen alles richtig“. Und da sehe ich aus SEO-Sicht keinen großen Verlag, auch nicht in den USA. Vielleicht lässt mich meine persönliche Mischung aus „SEO“ und „Bücherfreund“ da auch besonders kritisch sein… Der Umgang mit Autoren und Themen erscheint mir jedenfalls fast überall etwas nachlässig.
Wo sollte das Thema SEO in den Verlagen angesiedelt sein?
Oh, gute Frage. SEO hat sich in den vergangenen Jahren ebenso stark entwickelt wie das Internet oder wie Google. Es gibt so viele User-Faktoren, die beim Ranking auf Google eine Rolle spielen, dass wir SEOs gar nicht anders können, als auch über die Seitenkonzeption und die Informations-Politik zu diskutieren. Denn Google wird eine Seite nur lieben, wenn das die User auch tun. Bevor ich vor acht Jahren damit begann, SEO zu machen, lag mein Schwerpunkt in der, nun ja, allgemeinen Beratung von großen Webseiten. Jetzt komme ich, dank Google, langsam wieder dahin zurück.
Eric Kubitz ist der „Contentman“ der SEO-Szene und beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit der Suchmaschinenoptimierung. Er gründete CHIP Online mit und führte die Seite www.chip.de zum Erfolg. 2008 hat er die CONTENTmanufaktur GmbH gegründet und ist seitdem dort Geschäftsführer. Die CONTENTmanufaktur ist SEO-Agentur, Content-Lieferant und berät große und kleine Marken. Nebenbei ist er Speaker auf verschiedenen Konferenzen (z.B. SMX München), betreibt den Blog SEO-Book und veröffentlicht immer noch als Autor in verschiedenen Print- und Online-Magazinen.
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