Wenn Dan Brown am 15. September den Vorhang hebt und seinen designierten Weltbestseller „The Lost Symbol“ in Englisch auf den Markt schiebt, sind heftige Debatten programmiert: Während die Fans einmal mehr eine Steilvorlage erhalten, um die Ingredienzien aus Realität und Fiktion in Browns neuem Roman zu gewichten, ist auf dem US-Buchmarkt mit einer scharfen Diskussion über das Pricing von E-Books zu rechnen.
Denn während der empfohlene Preis des Brown-Hardcovers bei 29,95 Dollar liegt, wird Amazon die Kindle-Version zeitgleich für 9,99 Dollar anbieten, den Einheitspreis seiner digitalen Bestseller. Darauf haben sich der Onliner und Browns US-Verleger Knopf Doubleday Publishing (Random House) nach langem Ringen geeinigt.
Amazon polarisiert US-Verlage
Dass es Amazon bei Brown gelungen ist, den weltgrößten Publikumsverlag auf seine Linie zu bringen, heißt allerdings keineswegs, dass die Kindle-Konditionen (möglichst zeitgleiches Erscheinen von E- und Print-Buch, 9,99 Dollar) zur neuen Norm geworden sind. Ein Blick auf die US-Neuerscheinungen der kommenden Monate zeigt, dass die Branche, nachdem sie zentrale Fragen bei Rechten und Formaten geklärt hat, bei Pricing und Terminierung weit davon entfernt ist, mustergültige Lösungen gefunden zu haben:
- Ob zum neuen Roman von Stephen King, „Under the Dome“, im November eine E-Fassung erscheint, darüber schweigt sich Scribner (Simon & Schuster) noch aus, obwohl King zu den Testimonials der zweiten Kindle-Generation gehörte.
- John Grisham wiederum scheint auf Kriegsfuß mit digitalen Medien zu stehen. Er hat bisher bei keinem seiner Bücher grünes Licht für ein E-Book gegeben.
- Sourcebooks will das Jugendbuch „The Farfield Course“ von Bran Hambric erst sechs Monate nach dem Hardcover-Start (September) als digitales Buch herausbringen, aus Angst vor Kannibalisierung.
Schematisches Denken trägt nicht
In Deutschland schienen solche Fragen bisher nicht so virulent, weil die meisten Verlage ihre Bestseller ohnehin noch vor der digitalen Welt abgeschottet haben. Dies wird sich ändern, sobald die Publikumsverlage, angeführt von Random House, Druck auf die digitale Schiene geben.
Unabhängig von der Frage, ob die Verlage dabei mit Hoffnung (Markterweiterung) oder Angst (Print-Kannibalisierung) voranschreiten – entscheidend wird sein, sich von einem schematischen Denken (Print minus 10% gleich E-Preis bzw. plus drei Monate gleich E-Termin) zu verabschieden. Dieses hat bei der Differenzierung von HC und TB funktioniert, trägt bei E-Books aber nicht.
Nicht nur gilt es, mittelfristig komplett neue Geschäftsmodelle aufzusetzen, denkbar sind beispielsweise
- Premiumpakete (z.B. inklusive Autorenporträt, Making-of, MP3-Autorenlesung)
- Bündel-Angebote (Print und E-Book, E-Book plus Community-Zugang)
- werbefinanzierte E-Books; E-Book plus Spiel
- vom Verlag subventionierte E-Book-Geräte mit vorinstallierten Inhalten.
Allen Varianten gemein: Angebot, Pricing und Erscheinungstermine müssen auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten werden. Dabei muss eine neue Form der Kalkulation entworfen werden, die E- und gedruckte Bücher umfasst und einen Gesamtdeckungsbeitrag berücksichtigt.
Daniel Lenz
aus: buchreport.magazin 9/2009
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