Der zweitgrößte deutsche Jura-Fachverlag Wolters Kluwer will im stagnierenden RWS-Segment wachsen. Wolters-Kluwer-Chef Ulrich Hermann erklärt seine Strategie.
Wie lässt sich im stagnierenden RWS-Markt Wachstum generieren?
Es gibt in jedem Geschäftsfeld Wachstumsmöglichkeiten, wenn man neue interessante Themen und Felder entdeckt und mit qualitativ hochwertigen Produkten besetzt. Stagnation herrscht eigentlich nur dort, wo Themen überbesetzt sind, Werke mit heißer Nadel gestrickt werden und die Autorenarbeit vernachlässigt wird. Wenn man auf besetzten Gebieten mit Schnellschüssen den Dritt- und Viertversuch unternimmt, bekommt man mehr Titel, kleinere Auflagen und eine schlechtere Backlist.
Mit neuen Kommentaren zu BGB und ZPO treten Sie direkt gegen Beck an. Wollen Sie das auch auf anderen Themenfeldern?
Nein, wir sind vor allem in unseren Nischen aktiv. In ihnen gibt es genug Wachstumschancen und wir können ohne Probleme unser Geschäft weiter ausbauen. Aber unsere Strategie bezieht sich nicht nur auf die Inhalte, sondern zunehmend auch auf die Beobachtung der Arbeitsprozesse, in denen unsere Zielgruppen tätig sind. Das führt zu einer ganzheitlichen Sicht und teilweise auch zu anderen verlegerischen Entscheidungen.
Inwiefern?
Ein entscheidender Unterschied besteht zum Beispiel darin, ob ich mich mit Inhalten befasse, die zumindest im Kontext eines Arbeitsprozesses stehen, oder mit wissenschaftlichen Abhandlungen, die für ein Arbeitsergebnis nicht relevant sind. Es führt aber auch dazu, dass wir zunehmend im Software-Bereich aktiv werden und die Fachinformationen und Softwarelösungen integrieren …
… und deshalb Softwarehäuser wie AnNoText und Trigon Data kaufen?
Ja, denn dadurch erschließt sich neben der klassischen Verlagsarbeit eine Wertschöpfungskomponente, die es in der Vergangenheit gar nicht gab. Wir unterstützen bei unserer Zielgruppe wissensbasierte Arbeitsprozesse, bei denen es vor allem darum geht, Informationen möglichst nahtlos in eigenen Arbeitsdokumenten wie Vertragsentwürfen und Gutachten zusammenzuführen.
Welche Perspektive sehen Sie im Bereich der Online-Datenbanken?
Auch in diesem Bereich haben wir uns von der Vorstellung verabschiedet, ein allumfassendes juristisches Angebot aufzubauen. Wir glauben, dass man neben den großen Anbietern Beck online und Juris am besten bestehen kann, wenn man an die inhaltlichen Schwerpunkte der Verlage anknüpft.
Die Fragen stellte David Wengenroth.
Das ganze Interview mit Ulrich Hermann lesen Sie im buchreport.spezial RWS Recht + Steuern, das als Supplement zu buchreport.magazin 3/2010 erschienen ist.
Zur Person: Ulrich Hermann
ist der Vorsitzende der Geschäftsführung von Wolters Kluwer Deutschland und Management. Board-Mitglied von Wolters Kluwer International.
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