Rund ein Jahr, nachdem der weltgrößte Onlinehändler Amazon den Weltmarktführer im Vertrieb von digitalen Hörbüchern, Audible Inc., (rund 80.000 englische Titel, weitere 30.000 über Ableger in Deutschland und Frankreich, Umsatz 2007 rund 108 Mio Dollar) übernommen hat, will sich Amazon offenbar auch die deutsche Audible-Tochter (an der die US-Mutter aktuell 45% hält) komplett einverleiben. Das Bundeskartellamt prüft aktuell den am 8. April eingegangenen Antrag von Amazon/Audible Inc, die alleinige Kontrolle über die in Berlin ansässige Filiale audible.de auszuüben (hier die Liste der Prüfungen).
Bisher zählen neben Audible Inc. (45%) die Holtzbrinck Ventures GmbH (etwa 30%) und die Verlagsgruppe Random House (19,5%) zu den Mehrheitsgesellschaftern; daneben halten Lübbe (3,5%) und die CSW Beteiligungs Gmbh (2%) Anteile am Berliner Unternehmen, das 2004 (seinerzeit in München) an den Start gegangen ist.
Dass die deutsche Audible-Dependance gut aufgestellt ist, das hat der deutsche Statthalter Arik Meyer Mitte März gegenüber buchreport bestätigt: „Wir haben gerade die erfolgreichsten drei Monate seit Bestehen hinter uns: Ein sensationelles Wachstum trotz Rezession.“ An viele Verlagspartner werden Meyer zufolge sechsstellige Euro-Beträge pro Quartal ausgeschüttet.
Durch einen noch engeren Schulterschluss der Onliner könnte der im stationären Handel weiterhin antriebslahme Hörbuchmarkt zumindest auf der Download-Schiene an Fahrt gewinnen:
- Durch die Verknüpfung der Audible-Hörbücher mit dem gerade auch in Deutschland gestarteten MP3-Musikshop von Amazon erhöhte sich die Reichweite – und verbesserte sich das Hörbuch-Marketing – schlagartig.
- Eine Anbindung an das E-Book-Programm „Kindle“ würde für zusätzliche Resonanz sorgen.
„Das Angebot ist aus Amazon-Sicht strategisch sinnvoll. Der Markt für Hörbuch-Downloads ist zwar noch klein, es sind jedoch spezielle Eigenschaften nötig, um ein aus Kundensicht attraktives Angebot zu schaffen“, befürwortete Meyer vor rund einem Jahr das Amazon-Engagement. Während Audible über eine gut funktionierende Download-Lösung verfüge, bringe Amazon eine ungleich größere Aufmerksamkeit auf dem Markt mit. „Mit Amazon als Gesellschafter würden wir einen großen Schritt nach vorne machen können, um diese Herausforderung zu meistern. Davon würden nicht nur wir als Anbieter, sondern der gesamte Hörbuchmarkt profitieren.“
Amazons Engagement im Hörbuchmarkt wurde im Frühjahr 2007 forciert, als die Amerikaner den größten unabhängigen Audiobuch-Verleger in den USA, Brilliance Audio, schluckten. Schon vor Jahren forderte Amazon die Verleger zur Teilnahme an einem Download-Shop auf – offenbar ohne Erfolg, weshalb der bei Zukäufen einst so zurückhaltende Onliner jetzt tief in die Tasche greift.
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