Die ganzseitige Wochenend-Reportage („Ein Klick, ein Geschenk“ von Alex Rühle) in der „Süddeutschen“ (8.12.) beginnt an der Packstation von Amazon: „Jeder weiß, wie unverschämt praktisch es ist, seine Sachen bei Amazon zu bestellen.“ Und nach einer halben Stunde inmitten der Fließbänder und Packstationen wisse man: „Der Buchhandel steht mit dem Rücken zum Band.“ Nicht nur wegen der Bücher in den Päckchen, sondern auch wegen der Kindle: „Wer erst mal einen Kindle hat, braucht im Grunde nie mehr ein Buch zu bestellen. Schließlich hat er sich damit eingeloggt in: das System.“
Nächste Station ist Hugendubel, der mit seinem Buchkaufhaus am Münchner Marienplatz Ende der 1970er Jahre den Buchhandel revolutioniert habe: „Hugendubel war eine Art Internet mit Sitzecke, schließlich konnte jeder einfach reinkommen und machen, was er wollte, schmökern, anschauen, anonym herumlaufen.“ War die „Masse des Angebots“ bis vor Kurzem „der größte Trumpf der Hugendubels“, seien sie jetzt im Vergleich zu Amazon klein. Reporter Rühle lässt Maximilian und Nina Hugendubel klagen, Verlage würden „immer mehr unverkäufliche Titel ins Programm“ nehmen und aus rein ökonomischer Sicht dürfte „die Anzahl der Titel höchstens ein Drittel betragen“.
Beleuchtet wird auch die Personal- und Flächenverkleinerungspolitik, wie sie im Hugendubel-Verdi-Blog intensiv auseinandergepflückt wird. Als Kritiker der Filialisten kommt der langjährige Hugendubel-Mitarbeiter Bernhard Rieger zu Wort, der bereits verschiedentlich die internen Umstrukturierungen kritisiert und die Deklassierung des Personals von Sortimentsgestaltung hin „zum Regaleinräumer und Kundenwegweiser“ beklagt. Von seiner früheren Kundschaft sei seit Beginn der Restrukturierungsmaßnahmen „ein Drittel verschwunden“, die Stöberer und anspruchsvollen Kunden blieben wegen der Mainstream-Ausrichtung aus.
Die Hugendubels verteidigen die Redimensionierung, verweisen auf die höhere Quadratmeterleistung an kleineren Standorten, betonen die Bedeutung der Mitarbeiter im Multichannel-Handel. Der Reporter testet die Beratungsqualität am Marienplatz, findet Angebot und Service-Qualität in Ordnung.
Die dritte Station ist eine Stadtteilbuchhandlung in München-Au, wo eine ehemalige Hugendubel-Händlerin sich bereits vor Jahren selbstständig gemacht hat: Keine Krise, stabiler Umsatz. Der Reporter misstraut aber der Idylle im prosperierenden Vorort („Akademiker, junge Familien, sanft engagiertes Publikum“) und schließt mit den Schließung-Prognosen von Weltbild-Chef Carel Halff, demzufolge sich Flächen und Standorte halbieren werden.
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