Noch bevor Apple den Kindle-Rivalen iPad international an den Start geschoben hat, hat Amazon im Wettbewerb auf dem digitalen Buchmarkt den Turbo gestartet. Um möglichst viele exklusive Inhalte anbieten zu können, geriert sich der weltgrößte Distributeur von Büchern in den USA immer stärker selbst als Verleger. Der Vorstoß aus Seattle forciert die Suche der Verlage nach einem neuen Selbstbild.
In der Produktions- und Wertschöpfungskette war das Verlegerische bei Amazon bislang ein nur selten eingeklinktes Glied. Vereinzelt hat Amazon mit Bestseller-Autoren wie Stephen King exklusive Bücher-Deals (z.B. zum Kindle-Start) geschlossen oder verstärkt Hobby-Autoren auf die Self-Publishing-Plattform gelockt, um darüber hinaus die Verlage mit allen Mitteln zu drängen, ihre Titel so früh und günstig wie möglich auch digital auszukoppeln.
Mit dem eigenen Imprint baut der Onliner eine eigene Content-Pipeline auf. Bei der Titelauswahl setzt der Onliner auf bewährte Datenbank-Analysen: Welche Art von Büchern ziehen welche Kunden an und wie lässt sich dieses Wissen auf anderen Märkten einsetzen? Mit solchen Data-Mining-Ergebnissen kann der Onliner Risiken umschiffen, die für viele Verlage kaum zu minimieren sind, und schließt Lücken der klassischen Bücher-Häuser, die diese besonders in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld nicht füllen können.
In dieser neuen Wettbewerbssituation dürfen sich die Verlage nicht auf
ihre Hoffnung verlassen, dass Datenbanken keine Scout-Nase ersetzen können. Während Amazon immer stärker in ihrem Revier wildert, können sich die Verlage im Gegenzug auf der Suche nach einem neuen Selbstbild im digitalen Zeitalter am Onliner orientieren. Von Amazon lernen heißt, sich radikal auf den Kunden zu konzentrieren.
aus buchreport.express 21/2010
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