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Von einer Anwesenheitspflicht höre ich das erste Mal

Während sich die Jury des Deutschen Buchpreises nach dem Frontalangriff von Daniel Kehlmann in der „FAS“ (buchreport.de berichtete) weiterhin in Schweigen hüllt, hat Gottfried Honnefelder, Vorsteher im Börsenverein, das Wort ergriffen. Tenor: Was für Schriftsteller eine Belastung sei, könne für Leser eine Bereicherung und Hilfe sein. Hier der offene Brief im O-Ton:

„Lieber Herr Kehlmann,

den Deutschen Buchpreis werden wir nicht abschaffen, wir sind froh über seinen Erfolg und darüber, dass er es seit drei Jahren vermag, eine solche, vor allem internationale, Resonanz für den Roman zu erzeugen.

Verstehen kann ich, dass die Form der Auswahl für manche oder viele Autoren belastend ist. Den bei der Preisverleihung anwesenden Autorinnen und Autoren habe ich deshalb mit den jeweils gleichen Worten gedankt: „Sie nehmen die für Sie schwierige Situation dieses „Sängerwettstreits“ auf sich, auch wenn Sie wissen, dass heute Abend etwas verglichen wird, was sich eigentlich nicht vergleichen lässt. Denn was zählt, ist das einzelne Buch – und nichts sonst.“

Die Anwesenheit bei der ersten Verleihung muss für Sie, ich erinnere mich noch, eine Belastung gewesen sein. Aber Sie können an Ihrem Erfolg sehen, dass es nicht nur einen Königsweg über den Deutschen Buchpreis gibt.

Was für Schriftsteller eine Belastung ist, kann für Leser eine Bereicherung und Hilfe sein: Alle Formen der Kanonisierung, ob Reich-Ranickis Literarisches Quartett, ob Elke Heidenreichs Lesen-Sendung, ob der Deutsche Buchpreis, ob alle anderen Literaturpreise, alle Bestsellerlisten, Fernsehsendungen und Talkrunden, alle bringen Bewertungen in das literarische Leben, ohne deren Transparenz und Maßstab wir heute wohl nicht mehr auskommen. Der Inhalt muss den Weg zum Leser erst einmal finden.

Davon abgesehen bin ich sicher, dass es literarischen Erfolg und Öffentlichkeit für Schriftsteller auch neben dem Deutschen Buchpreis gibt. Um Thomas Hettches Rang mache ich mir keine Sorgen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr

Gottfried Honnefelder

P.S.: Die Modalitäten des Deutschen Buchpreises sind allemal bei Goncourt und Booker abgeguckt. Von einer Anwesenheitspflicht höre ich durch Sie das erste Mal“

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