Fast fünf Jahre nach dem Start der virtuellen Bibliothek drohen der Europeana tiefe Einschnitte. Kürzungen des Budgets (aktuell rund 30 Mio Euro pro Jahr) scheinen unabwendbar, die Frage ist nur in welchem Maße.
Hintergrund der Kürzungen: Ab 2015 soll die finanzielle Unterstützung der Plattform für Bild-, Text-, Ton- und Videodateien aus einem neuen Topf kommen, der sogenannten Connecting Europe Facility (CEF). Deren Volumen soll jedoch von 9 auf 1 Mrd Euro geschrumpft werden, weshalb ein Wettkampf der Projekte aus den Bereichen Gesundheit, Justiz und Internet um das verbliebene Geld ausgebrochen ist – die Europeana-Macher steuern ihren Protest insbesondere über Social Media. Ihre Argumentation:
- Der digitale Bestand könne als Grundstock des Wachstums der europäischen Kulturindustrie dienen, die heute 3% des EU-Arbeitsmarktes ausmache.
- Durch die Veröffentlichung der Digitalisate unter Creative-Commons-Lizenz (seit September 2012) ergäben sich kommerzielle Impulse: Die Daten könnten in Branchen wie Tourismus oder Bildung verwendet werden; aktuell erwägen laut Europeana 770 Unternehmen und Organisationen, die Daten über die Programmierschnittstelle des Portals in eigene Angebote (z.B. Webseiten, Apps) einzubinden. Sollte das CEF-Budget schrumpfen, so die Europeana-Sammler, kämen kommerzielle Verwertungen zum Erliegen.
- Statt 2015 direkt auf einen Großteil des Budgets verzichten zu müssen, regen die Europeana-Strategen an, den Anteil der Fremdfinanzierung (aktuell 6,7 Mio Euro im Jahr) zu verdreifachen, damit die EU-Zuschüsse peu à peu zurückgefahren werden können.
Europeana im Profil
Die virtuelle Bibliothek Europeana soll einer breiten Öffentlichkeit das wissenschaftliche und kulturelle Erbe Europas in Form von Bild-, Text-, Ton- und Videodateien zugänglich machen. Dabei werden die Digitalisierungsinitiativen der einzelnen Länder auf einer Plattform gebündelt. Aktuelle Kennzahlen zu Europeana:
- In den fünf Jahren nach dem Start steuerte die EU 170 Mio Euro zum Budget bei.
- Weitere 70 Mio wurden von Kulturministerien aus 21 Ländern zugegeben.
- Aktuell werden 27 Mio Objekte auf der Plattform gezeigt.
- Als deutschen Beitrag beschloss die Bundesregierung 2009, eine Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) zu schaffen.
- Die DBB wird finanziert vom Bund, von den Ländern und den Kommunen. Für den Aufbau der DBB-Infrastruktur hat der Bund
- 8 Mio Euro zur Verfügung gestellt, für den Betrieb haben Bund, Länder und Kommunen ab 2011 für fünf Jahre 2,6 Mio Euro jährlich zugesichert.
Der Artikel weist eine Ungenauigkeit auf, die erheblich ist: Nicht die Digitalisate der Europeana stehen unter eine Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung, sondern lediglich die Metadaten der Europeana: http://creativecommons.org/web…
Da bin ich mal gespannt, wie der Tourismus die Metadaten für seine Zwecke nutzen möchte.
Es gibt gute Gründe, warum die Bayerische Staatsbibliothek oder die Österreichische Nationalbibliothek mit Google arbeiten.
2,6 Mio Euro für die DDB sind kindisch! Allerdings liegt das im Trend.Sämtliche staatlich geförderten Projekte sind peinlichst unterfinanziert, arbeiten unkoordiniert und ineffizient vor sich hin und lassen täglich eine größer werdende Lücke in Umfang und technischer Innovation zu Google entstehen.
Wenn die bisherigen Erfahrungen mit Europeana, Gallica oder DBB ein Fazit nahelegen, dann heißt das eindeutig: Ab in den Orkus damit!