Neun Jahre, nachdem Bertelsmann seinen Wissenschaftsverlag Springer in die Hände von Finanzinvestoren gab, zeichnen sich neue Perspektiven ab. Springer SBM-Chef Derk Haank bereitet den Börsengang des milliardenschweren Unternehmens vor. Wie reagiert Gütersloh?
Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ erklärte Haank, dass ein Börsengang schon in wenigen Monaten anstehen könnte. Den IPO (Initial Public Offering) begleiten würden dann die Investmentbanken Goldman Sachs und JP Morgan. Den Startschuss für den Lauf aufs Börsenparkett feuern aber der schwedische Finanzinvestor EQT (Hauptsitz in Stockholm) sowie GIC, ein Staatsfonds aus Singapur, ab, die aktuell die Mehrheit am Verlagskonzern halten; nur rund 10%, so die „FAS“ gehören dem Management.
Die Finanzinvestoren wollten in den kommenden zwei Jahren bei Springer SBM raus, lieber schneller, und am liebsten über die Börse. Haank hat bereits eine Wachstumsstory parat, die beim Börsengang besonders in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zentral ist: „Die Aussichten sind so gut wie nie. Umsatz wie Gewinn steigen um fünf bis sieben Prozent pro Jahr.“ Groß geschrieben wird dabei das digitale Angebot des Verlagskonzerns.
Angesichts der Börsen-Pläne von Springer SBM stellt sich die Frage, wie Bertelsmann reagiert. Der neue Vorstandschef Thomas Rabe hatte Anfang des Jahres seine Fühler in Richtung des größten deutschen Fachverlags ausgestreckt. In einem Interview mit dem manager magazin zeigte sich Rabe seinerzeit an einer Übernahme des Wissenschaftsverlags interessiert. Haank wiegelt in der „FAS“ ab: „Mit mir hat niemand gesprochen.“
Selbst eine IPO-Perspektive könnte gut zu Rabes Planspielen passen. Vor dem Hintergrund des teuren Wachstumskurses von Bertelsmann zieht Rabe offenbar Börsengänge einzelner Geschäftseinheiten in Betracht. Unternehmen wie Random House seien „pure player“, die auf den Finanzmärkten als attraktiver gelten würden als Firmen-Konglomerate (hier mehr). Vermutlich würde sich Bertelsmann bei Springer SBM die mehrheitlichen Anteile sichern und mit Hilfe anderer Aktionäre die Expansion finanzieren.
Rückblick: Die Verlagsgruppe wurde 2003 unter der Regie des damaligen Bertelsmann-Chefs Gunter Thielen an die Private-Equity-Firmen Cinven und Candover verkauft, bevor EQT aus Schweden und GIC aus Singapur 2009 die Regie übernahmen. Der Wert des Verlagskonzerns, der pro Jahr rund 1 Mrd Euro erwirtschaftet, wird auf 3 bis 4 Mrd Euro taxiert.
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