Ann Patchett hat in Nashville Parnassus Books (hier mehr) eröffnet. Im Interview mit buchreport beschreibt die Bestsellerautorin ihre Buchhandelspläne und den Stellenwert der US-Indies.
In Ihrer Heimatstadt Nashville haben Sie die Buchhandlung Parnassus Books eröffnet. Schreiben Sie künftig weniger Romane und verkaufen stattdessen Bücher?
Nein, natürlich nicht. Ich bin und bleibe Schriftstellerin, keine Buchhändlerin. Was mich aber nicht daran hindern wird, vor allem in der Anfangszeit viel Zeit im Laden zu verbringen. Und natürlich immer dann, wenn ich Zeit habe.
Eine Buchhandlung gründet man nicht einfach so. Was hat Sie dazu bewogen?
Ich bin nicht eines Morgens mit dem Gedanken aufgewacht, dass ich eine Buchhandlung eröffnen will. Obwohl, vielleicht war es doch so. Seit Davis-Kidd und Borders im Frühjahr 2011 dichtgemacht haben, war Nashville buchhändlerisches Niemandsland.
Sie wollen nicht in einer Stadt leben, in der es keine Buchhandlung gibt?
Völlig richtig. Ich wäre nur nie auf die Idee gekommen, selbst etwas auf die Beine zu stellen, weil Buchhändler mehr als ein Fulltimejob ist, wenn man das richtig macht. Es war wohl Schicksal, dass ich Karen Hayes kennengelernt habe, die viele Jahre für Random House als Vertreterin den Indie-Buchhandel betreut hat. Parnassus Books ist ein Gemeinschaftsprojekt: Ich habe das Geld bereitgestellt, sie führt die Geschäfte. Wir haben drei Vollzeitkräfte eingestellt und sind fest entschlossen, aus Parnassus eine Erfolgsstory zu machen, denn die Buchhandlung muss sich selbst tragen, das ist ganz klar. Hier wird kein Fass ohne Boden aufgemacht.
Angesichts der explodierenden E-Book-Umsätze mehren sich Stimmen, die den Tod des gedruckten Buches und mit ihm des klassischen Buchhandels vorhersagen. Sollten Sie nicht besser Amazon-Aktien kaufen, statt in eine Buchhandlung zu investieren?
Es ist Platz genug für alle in diesem Markt. Wir brauchen heute möglicherweise keine Buchhandlungen mehr, die groß wie Warenhäuser sind, aber ich bin davon überzeugt, dass es noch genügend Menschen gibt, die ein Buch in der Hand halten wollen, so dass eine Buchhandlung davon leben kann. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Medien dieses Thema so negativ hochkochen, um etwas zu schreiben zu haben. Nein, das gedruckte Buch ist nicht tot.
Was zeichnet einen guten Buchhändler bzw. eine gute Buchhandlung aus?
Was den Buchhändler angeht, sind das überdurchschnittliches Fachwissen, exzellenter Service, Hilfsbereitschaft und immer ein freundliches Ohr. Im Laden müssen sich die Kunden so wohlfühlen, dass sie wiederkommen wollen. Dieses Gefühl wird nicht dadurch vermittelt, dass 100000 Bücher in den Regalen stehen – wer das haben will, kauft ohnehin bei Amazon –, sondern durch Ambiente, Atmosphäre und Persönlichkeit.
Sie haben sich über dieses Thema offensichtlich viele Gedanken gemacht. Haben Sie das Einmaleins des Buchhandels in einem Crashkurs absolviert?
Als ich im Sommer für meinen neuen Roman auf Lesereise war, war das sehr interessant, denn ich habe jeden Termin unter völlig neuen Aspekten wahrgenommen. Meine Gastgeber habe ich Löcher in den Bauch gefragt und dabei viel gelernt.
Was zum Beispiel?
Für Parnassus haben wir vor allem zwei Kriterien berücksichtigt: Sich nicht zu viel vorzunehmen und klein anzufangen, in unserem Fall auf 250 qm, und das Sortiment dem lokalen Umfeld anzupassen. Was in Nashville bedeutet, dass Musik und Kunst eine wichtige Rolle spielen. Karen wollte deutlich mehr Verkaufsfläche, aber ich habe mich durchgesetzt. Wenn die Geschäfte gut laufen, können wir immer noch über eine Vergrößerung nachdenken oder vielleicht auch eine zweite Buchhandlung eröffnen.
Das komplette Interview lesen Sie im buchreport.magazin 12/2011
Die Fragen stellte Anja Sieg
Zur Person: Ann Patchett
1963 in Los Angeles geboren, lebt Ann Patchett seit ihrem sechsten Lebensjahr in Nashville/Tennessee.
Sie studierte Creative Writing am Sarah Lawrence College (New York) und am Iowa Writers’ Workshop der Universität von Iowa.
Bücher (Auswahl): „The Patron Liars of Saint“ (1992), „Taft“ (1994), „The Magician’s Assistant“ (1997), „Bel Canto“ (2001), „State of Wonder“ (2011).
Auszeichnungen (Auswahl): Janet Heidinger Kafka Prize für „Taft“ (2004), PEN/Faulkner Award und Orange Prize for Fiction für „Bel Canto“ (2002), ALA Alex Award für „Truth and Beauty“ (2005).
In dieser Woche war Patchett auch zu Gast beim Late-Night-Talker Stephen Colbert, mit dem sie u.a. über Amazon diskutierte:
Kommentar hinterlassen zu "Warum ein eigener Buchladen, Mrs. Patchett?"