»Dafür sorgen, dass stille Mitarbeiter dabei nicht auf der Strecke bleiben«
Claudia Mirgel ist Herstellungsleiterin im IT- und Fotografie-Fachverlag Rheinwerk (Bonn).
Wie schnell konnten Sie auf flexibles, mobiles Arbeiten umschwenken?
Nicht nur die Herstellung, sondern nahezu alle Mitarbeiter des Verlags arbeiten seit Mitte März komplett im Homeoffice. Unsere IT hat technisch alles bestens vorbereitet, so dass alle Mitarbeiter über einen VPN-Tunnel auf die Unternehmensressourcen zugreifen können. Wo nötig, wurden vom Verlag Notebooks und große Monitore für die Arbeit im Homeoffice zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus arbeiten wir jetzt mit einem Tool, das einen schnellen Austausch per Chat ermöglicht und ganz unkompliziert Video- und Telefonkonferenzen zulässt. Teammeetings, Programmkonferenzen und alle Abstimmungsgespräche können somit von zu Hause aus erledigt werden.
Was sind die größten Herausforderungen?
Unsere Prozesse funktionierten reibungslos, aber in Teilen auch noch analog. Das ging vom einen Tag auf den anderen nicht mehr, sodass wir Fahnenarbeiten, Verträge oder auch Planungstafeln aufs Digitale umstellen mussten. Erstaunlich war, wie schnell sich alle an die nun fast rein digitalen Abläufe gewöhnt haben. Nach nur einer Woche waren wir eingespielt.
Eine andere große Herausforderung ist sicher, für einen regelmäßigen Austausch und eine offene Kommunikation zu sorgen. Was früher auf kurzem Dienstweg auf dem Flur oder in Spontanmeetings geklärt wurde, musste nun anders organisiert werden. Auch da helfen uns neue Tools.
Wichtig ist es aber, das ganze Team ins Boot zu holen und als Führungskraft dafür zu sorgen, dass stille Mitarbeiter dabei nicht auf der Strecke bleiben. Manche Mitarbeiter sind deutlich präsenter als andere, die eher eine Hemmschwelle vor diesen neuen Kommunikationswegen haben. Hier gilt es, trotz der räumlichen Distanz weiter nah dran an den Mitarbeitern zu sein.
Wie werden sich die spezifischen Erfahrungen der „Coronazeit“ auf die künftige Arbeit im Verlag auswirken? Verändert sich ggf. auch die Rolle der Herstellungsabteilung?
Ich denke schon, dass sich auch nach der Coronazeit etwas verändern wird. Es ist gut zu sehen, dass vieles auch dezentral gesteuert werden kann und die Technik so gut funktioniert. Trotzdem freuen wir uns auch wieder auf den persönlichen Austausch und das Agieren im Team im Verlag vor Ort.
Per Telefonkonferenz und Videochat ist man disziplinierter als im persönlichen Meeting. Das ist sicher von Vorteil, aber die Stimmungen und Zwischentöne fehlen und es ist ein Stück unpersönlicher als zuvor.
Positiv auch die Erfahrung, wie gut auch die abteilungsübergreifende Kommunikation während dieser Zeit im Homeoffice funktioniert.
Überhaupt wird das Thema Homeoffice durch diese positiven Erfahrungen selbstverständlicher als es das bisher war. Vertrauen in die Mitarbeiter wird belohnt und durch Produktivität bei der Arbeit von zu Hause aus gezeigt. Führungskräfte dürfen durch Homeoffice-Regeln keine Angst vor Kontrollverlust haben, denn auch aus dem Homeoffice heraus kann man das Team zusammenhalten. Wir haben neue Strukturen für die Zusammenarbeit im Team geschaffen und diese werden wir auch zukünftig sicher vermehrt einsetzen.
Schwer vorstellen können wir uns derzeit, neue Mitarbeiter im und vom Homeoffice aus einzuarbeiten. Dazu braucht es dann doch den persönlichen Kontakt. Aber wer weiß: Vielleicht gelingt das auch in Zukunft ganz selbstverständlich remote.
Verändert sich auch die Rolle der Herstellungsabteilung?
Da wir in der Herstellung auch vorher schon sehr digital unterwegs waren, gehe ich nicht davon aus, dass die Rolle der Herstellung sich wesentlich verändern wird.
Einige Arbeiten in der Herstellung werden immer noch ganz gerne auf Papier erledigt (Fahnenkorrekturen und -abgleiche). Das geht dem Lektorat nicht anders.
Aber auch hier mag gelten: Mit ein wenig Gewöhnung werden wir zukünftig bestimmt häufiger ausschließlich digital arbeiten.
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