Geht es um Veränderungen in der Literaturkritik, ist die Branche schnell alarmiert und reagiert laut. Matthias Kremin, Chef der Kulturwelle WDR3, beschwichtigt im Interview mit dem „Tagesspiegel“.
Der Radiosender WDR3 hatte mit einer Mail an seine Mitarbeiter eine Empörungswelle ausgelöst. Daraus ging hervor, dass ab dem 1. März unter der Woche alle festen Programmplätze für Literaturkritik wegfallen sollten, d.h. neben der Buchrezension, die täglich in der Sendung „Mosaik“ ihren festen Platz hatte, das Mosaik Samstagsgespräch mit Kulturschaffenden sowie die Sendungen „Das Lesezeichen“ und „Das Gedicht“.
Ein „verheerendes Zeichen für die Buchbranche„, wie Börsenvereins-Geschäftsführer Alexander Skipis in einer Pressemitteilung schrieb.
In der Tat seien die geplanten Veränderungen nicht gut kommuniziert worden, gibt Matthias Kremin im „Tagesspiegel“-Gespräch zu. Von einer Streichung des Literaturanteils könne jedoch keine Rede sein, man wolle im Gegenteil „Literatur in WDR 3 zeitgemäß vermitteln – immer mit der Perspektive, das Publikum noch besser als bisher mit Rezensionen und kritischen Debatten auch im nonlinearen Bereich zu erreichen und noch mehr Menschen für Literatur zu begeistern.“ Daher arbeite der Sender momentan unter anderem auch an einer App.
Wer’s glaubt wird selig! Man wolle „das Publikum noch besser als bisher“ und „auch im nonlinearen Bereich erreichen“… Da kündigt man an, alle festen Programmplätze für Literatur zu streichen, dies schon ab dem 1. März, kündigt aber die (angeblichen) Alternativen nicht an. Der Verdacht liegt nahe: Weil man bisher keine hat… Und die Aussage „auch“ im nonlinearen Bereich bedeutet ja sinngemäß „zusätzlich“… Zusätzlich zu was ? Gerade auch viele ältere VielleserInnen, die gerne Radio hören, werden eine App nicht nutzen. Für diese also kann eine App kein gleichwertiger Ersatz sein für Radio „on air“. Nun ist man also aufgeschreckt beim WDR durch die massiven Reaktionen. Gut so! Hoffen wir, dass Herr Kremin seine Entscheidungen überdenkt oder gleichwertige Alternativen kommunziert – und nicht jetzt erst mit der Planung beginnt.
Carsten Pfeiffer