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Werbung im Kopf

Marketing ist längst nicht mehr Geschmackssache oder das Produkt  von Bauchgefühlen. Die Hirnforschung hat zahlreiche Erkenntnisse gewonnen, wie Verbraucher Entscheidungen fällen und wie Werbung – oft unterbewusst – kaufrelevante Gefühle auslöst. Neuromarketing heißt die Disziplin, die sich danach richtet, dass am Ende die Emotionen beim Konsum entscheiden.

Im Interview spricht Christian Holst, Leiter UX, Dialog & Media Research am Siegfried Vögele Institut, über den Einsatz von Neuromarketing.


Christian Holst macht mit beim buchreport-Webinar über Neuro- und Guerilla-Marketing am 6. und 19. August, 14 Uhr. Außerdem referiert Andreas W. Tautz, Inhaber von Business Guerilla. Hier weitere Infos.


Wie können Hirnforscher Werbungtreibende unterstützen?

Die Möglichkeiten dazu sind vielfältig: Das beginnt damit, dass Hirnforscher dazu beitragen zu erklären, wie Werbung im Kopf der Konsumenten überhaupt funktioniert – was wird wahrgenommen, an was kann man sich erinnern, welche Emotionen werden ausgelöst, wo und wie werden Marken abgespeichert, was treibt Kaufentscheidungen etc. Das Ziel ist hier ganz allgemein zu verstehen, wie Werbung wirkt und welchen Einfluss sie auf unser Handeln als Konsumenten hat. Darüber hinaus hat sich mittlerweile eine kleine Branche entwickelt, die mit ihren Angeboten versucht, Werbetreibende konkret zu unterstützen. In diesen Fällen geht es z.B. darum festzustellen, wo innerhalb eines Werbespots die Aufmerksamkeit am größten ist, welche Emotionen ein Werbespot transportiert, und ob diese Emotionen z.B. mit der Marke verknüpft werden können. Für Werbetreibende ergeben sich daraus die Möglichkeiten, ihre Werbung für die Empfänger noch verständlicher, klarer und präziser zu gestalten – und ggf. sogar durch eine Straffung teure Werbezeit einzusparen.

Warum ist Neuromarketing mehr als ein Hype, wie gelegentlich zu hören ist?

Weil Neuromarketing – oder besser: die Erkenntnisse, die sich aus der Neuroforschung ergeben – uns ein besseres Verständnis ermöglichen, wie die komplexe Verarbeitung von Reizen – also Werbung – funktioniert. Diese Forschung ermöglicht erstmals den Einblick in Prozesse und Befindlichkeiten von Konsumenten, die diesen häufig selber gar nicht direkt zugänglich sind. Man kann also bspw. sagen, dass man sich an eine am Vortag gesehene Werbung für eine Marke erinnert, aber nicht, ob diese und wie stark diese z.B. mit dem autobiografischen Gedächtnis verknüpft ist.

Welche Branchen arbeiten schon intensiv mit Neuromarketing?

Das kann ich so nicht sagen. Ich weiß aber, dass z.B. in der Konsumgüterindustrie bereits sehr frühzeitig mit dieser Forschung begonnen wurde. Auch im Automobilbereich dürfte diese Forschung relevant sein.
 
Ist Neuromarketing primär etwas für Konzerne und bekannte Markenartikler, oder auch kleinere Unternehmen?

Das kommt darauf an, wie weit man den Begriff der Neuroforschung fassen möchte. Versteht man darunter überwiegend bildgebende Verfahren wie Hirnscanner, dann sind diese Untersuchungen doch so kostspielig, dass dies eher für größere Unternehmen relevant ist. Versteht man unter Neuroforschung aber alle Verfahren, die nicht-bewusste Reaktionen von Konsumenten messen, dann fallen auch Methoden wie Blickverlaufsuntersuchungen, Hautwiderstandsmessungen, die Messung von Emotionen mittels Muskelspannung etc. darunter. Dann können sich allerdings solche Forschungen auch kleinere und mittlere Unternehmen leisten.

Der gläserne Kunden, der via Hirnscan durchleuchtet wird – ist das die Perspektive von Neuromarketing?

Das wäre eine sehr drastische Verkürzung auf Neuromarketing. Zum einen sind Hirnscans – wie oben beschrieben – nur ein kleiner Teil der Methoden, die eingesetzt werden. Zum zweiten ist der „gläserne“ Kunde durch Neuroforschung noch sehr weit entfernt und wird auch wohl nie völlig transparent sein, denn wir beginnen erst jetzt langsam zu verstehen, wie komplex Verarbeitungsprozesse im Gehirn sind. Diese Komplexität ergibt sich daraus, dass immer eine Vielzahl von Gehirnregionen bei unseren Entscheidungen beteiligt sind, und diese auch noch in vielfältigen Kopplungen und Rückkopplungsschleifen miteinander in Verbindung stehen. Und drittens ergibt sich der Mehrwert dieser Forschung daraus, dass sie einen sehr spezifischen Beitrag zum Verständnis von Konsumenten liefert – nämlich zur Frage, wie unbewusste Prozesse ablaufen und eine Entscheidung beeinflussen. Diese Forschung ist aber immer auch im Verhältnis zu „klassischen“ Methoden wie Befragungen oder auch die Messung von Kaufverhalten zu sehen – erst dann wird daraus ein einigermaßen umfassendes Bild.

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