Gegen die wachsende Flut der Abmahnungen von Buchhändlern wegen beanstandeter Buchinhalte zeichnet sich ein erfolgreicher Wellenbrecher ab: Nach Einschätzung von Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang bahnt sich nach einer Grundsatzentscheidung des Landgerichts Berlin (hier der Text, PDF) ein „Paradigmenwechsel bei der juristischen Beurteilung der Haftung des Buchhandels für rechtswidrige Buchinhalte an“.
Im konkreten Fall war ein Buchhändler belangt worden, weil er auf seiner Internetseite ein Buch mit Textpassagen angeboten hatte, die angeblich aus einer wissenschaftlichen Arbeit der Klägerin abgeschrieben waren. Die Klägerin berief sich auf eine Verletzung ihres Urheberrechts. Nach Abmahnung und einstweilige Verfügung wurde die Klage jetzt im Hauptsacheverfahren abgewiesen und eine nur eingeschränkte Haftung der Buchhandlung definiert, die der vom Verband beauftragte Anwalt der Buchhandlung zusammenfasst:
- Eine Buchhandlung hafte hinsichtlich Urheberrechtsverletzungen in einem Buch im Regelfall weder als Täter noch als Teilnehmer.
- Eine Störerhaftung des Buchhandels für Urheberrechtsverletzungen in Büchern komme nur bei einer Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten in Betracht.
- Prüfungspflichten setzen ein, wenn „greifbare und konkrete Anhaltspunkte“ für eine Rechtsverletzung vorliegen, die entweder dem jeweiligen Buchhändler durch einen Hinweis übermittelt oder in der einschlägigen Branchenpresse veröffentlicht wurden.
Buchhändler muss nicht jedes Buch lesen
In der Gerichtsentscheidung heißt es wörtlich: „Anders als für den Verleger bzw. Herausgeber eines Buches ist es für einen Buchhändler praktisch unmöglich und würde eine Überspannung der ihn treffenden Verkehrs- oder Prüfungspflichten darstellen, jedes Buch auch nur zu lesen.“
„Dem Beklagten fehlt als Buchhändler […] die für eine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung erforderliche Tatherrschaft. Der Beklagte ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung – der Verbreitung des Werks der Klägerin im Sinne des §17 UrhG – lediglich als Werkzeug des eigenverantwortlich handelnden Verlages tätig geworden.“
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