Das Agentencenter der Frankfurter Buchmesse war auch in diesem Jahr wieder voll besetzt (hier mehr). Wie sich der globale Rechtehandel entwickelt und wie sich die Verlage gegenüber Amazon positionieren, erläutert Ullsteins Lizenzchefin Pia Götz (Foto) im Gespräch mit buchreport.
International schwächeln die Buchmärkte, doch in Frankfurt waren so viele Agenten wie nie zuvor. Überrascht Sie diese Entwicklung?
Nicht unbedingt, denn auch wenn die Umsätze nicht überall das hohe Niveau der vergangenen Jahre erreichen, ist die Buchbranche doch nach wie vor sehr lebendig. Die vielfältigen Veränderungen, die wir gerade erleben, bieten auch im Lizenzgeschäft Gesprächsstoff und Frankfurt ist nun einmal der ideale Ort, um sich auszutauschen.
Das Interesse an deutschen Autoren wächst im Ausland. Ist das ein Strohfeuer oder festigt sich der Trend?
Ich kann nur für Ullstein sprechen, aber wir beobachten in der Tat eine verstärkte Nachfrage nach unseren Rechten. Vor allem im Spannungsbereich gab es in den letzten zwei, drei Jahren einige richtig gute Abschlüsse. Die Bücher von Nele Neuhaus zum Beispiel sind mittlerweile in 20 Länder verkauft, u.a. auch in die wichtigen Märkte USA und Großbritannien.
Welche Rolle spielt Amazon bei dieser Entwicklung? Das auf Übersetzungen spezialisierte Imprint Amazon Crossing hat auch in Deutschland Rechte eingekauft und Oliver Pötzsch in den USA bekannt gemacht.
Amazon ist ins Verlagsgeschäft eingestiegen und wird von uns wie jeder andere internationale Verlag eingeladen, bei Interesse ein Angebot für unsere Titel abzugeben. Oliver Pötzschs Erfolg ist aber ein Ausnahmefall. Natürlich freuen wir uns gemeinsam mit dem Autor sehr, doch es gibt bei Amazon zahlreiche andere übersetzte Titel, die unterhalb der Wahrnehmungsgrenze erschienen sind.
Würden Sie im Umkehrfall Lizenzen von Amazon-Verlagen für den deutschen Markt einkaufen?
Wir halten in allen Bereichen und Märkten Ausschau nach attraktiven Autoren und Verlagsrechten. Der Lizenzverkäufer muss für uns ein zuverlässiger und seriöser Partner sein. Wenn das der Fall ist, schließen wir niemanden a priori aus.
Englische und US-Agenten fordern gebetsmühlenartig höhere E-Book-Tantiemen für ihre Autoren. Wie stehen Sie dazu?
Wir honorieren unsere Autoren unabhängig vom Format fair und angemessen. Es ist allerdings ein Trugschluss, dass E-Books für Verlage kostengünstige „Zusatzprodukte“ sind. Die Kalkulation physischer und digitaler Verlagserzeugnisse ist sehr ähnlich, da wesentliche Kostenpositionen unabhängig vom Format anfallen: Für Übersetzung, Lektorat, Korrektur und Satz, Marketing, Distribution, Händlerrabatte etc. Diese Tatsache muss natürlich berücksichtigt werden, wenn es um die Honorierung der einzelnen Leistungen geht.
Die Fragen stellte Anja Sieg
Pia Götz
hat kürzlich für die Ullstein-Buchverlage die Gesamtleitung der Lizenzabteilung übernommen, nachdem sie bereits seit Februar 2009 für die Auslandslizenzen im Haus zuständig gewesen war. Die 34-Jährige hat in London Kunstgeschichte studiert und erste Berufserfahrung u.a. bei Bloomsbury und der Literaturagentur Andrew Nurnberg Associates gesammelt.
Aus: buchreport.magazin 10/2012
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