Der Fall Suhrkamp prägt nach wie vor die Schlagzeilen. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt habe keine Konsequenzen für das Insolvenzverfahren, betont der Sachverwalter des insolventen Verlags gegenüber den Medien. Die „Welt“ hat derweil Einblick in den Insolvenzplan bekommen – und kennt die Perspektiven des Suhrkamp Verlags.
Wie berichtet, hat die Handelskammer des Landgerichts Frankfurt die von Ulla Unseld-Berkéwitz geführte Familienstiftung dazu verpflichtet, ihre Gewinne für das Geschäftsjahr 2010 und 2011 zu stunden und einen Rangrücktritt nach §39 der Insolvenzordnung zu erklären. Somit kann die Stiftung ihre Ansprüche auf Gewinnausschüttung zunächst nicht durchsetzen, die Forderungen werden bei der Insolvenz nicht berücksichtigt.
„Suhrkamp ist nach wie vor zahlungsunfähig“
Auch wenn die Gewinnausschüttungen eine Ursache für die Insolvenz des Suhrkamp Verlags waren: „Das Urteil wird keine unmittelbaren Konsequenzen auf das Insolvenzverfahren haben“, erklärt der Sachverwalter des Suhrkamp Verlags, Rolf Rattunde, der „Wirtschaftswoche“. Der Verlag sei selbst dann überschuldet und zahlungsunfähig, wenn man die Gewinnforderungen der Stiftung herausnähme, liest die „Süddeutsche Zeitung“ (16.8.) in dem Gutachten des Sachverwalters.
Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (16.8.) erläutert Rattunde das weitere Vorgehen im Fall Suhrkamp: „Zunächst prüft das Gericht den Insolvenzplan formal. Ob er den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht und ob er technisch und juristisch überhaupt zulässig ist. Das geschieht innerhalb von zwei Wochen. Dann wird er der Gläubigerversammlung zur Entscheidung vorgelegt.“ Die Gläubigerversammlung ist für den 1. Oktober angesetzt. Rattunde selbst habe kein Stimmrecht, werde aber um eine Stellungnahme gebeten: „Ich glaube, dass der Plan, der unter anderem eine Rechtsumwandlung von Suhrkamp in eine Aktiengesellschaft vorsieht, zulässig ist.“
Kalte Enteignung von Hans Barlach geplant?
Die „Welt“ hat unterdessen den Insolvenzplan des Verlags gelesen und berichtet:
- Die Gesellschafterforderungen über gut 7 Mio Euro sollen gestrichen werden.
- Mit der Umwandlung von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft verliere Minderheitsgesellschafter Hans Barlach seine Sonderrechte, mit denen er etwa bei einigen Personalien ein Vetorecht hatte oder auch bei größeren Investitionen mitreden durfte.
- Barlach soll eine Abfindung über 975.000 Euro für seine Anteile angeboten werden – die „Welt“ sieht darin einen „Versuch, ihn kalt zu enteignen“. Denn: Barlach dürfte mindestens 12 Mio Euro in den Verlag investiert haben.
- Nehme er das Angebot aber nicht an, werde er „seiner weiteren Entmachtung zusehen müssen“. Denn Barlach könnte seine Anteile nur noch dann verkaufen, wenn der Vorstand es absegnet.
- Zudem sehe der Insolvenzplan eine Kapitalerhöhung vor. Der neue Aktionär soll 33,3% halten, Berkéwitz‘ Anteil soll von 61% auf 40,6% sinken, der von Barlach von 39% auf 26%. Im Insolvenzplan als neue Gesellschafter genannt wird nur das Ehepaar Sylvia und Ulrich Ströher. Das Angebot des Deutschen Taschenbuchverlags (dtv) dagegen wird nicht erwähnt.
Zudem hat die „Welt“ erfahren, wie es konkret um den Verlag steht: Laut Insolvenzgutachten hat Suhrkamp 2012 nur einen Umsatz von 23,9 Mio Euro erzielt. Unter dem Strich stünde ein Minus von 105.000 Euro – trotz Verkauf früheren Verlagssitzes in Frankfurt, des Verlagsarchivs und zwei Gemälden des Künstlers Andy Warhol. Zum Vergleich: 2010 lag der Umsatz laut „Welt“ noch bei 27,7 Mio Euro.
Hans Barlach soll 4 Mio Euro zahlen
Auch in der Schweiz ist Suhrkamp weiterhin ein Gesprächsthema. Im Mai hatte das Handelsgericht des Kantons Zürich Hans Barlach dazu verpflichtet, eine ausstehende Summe von 5 Mio Schweizer Franken (4 Mio Euro) plus Zinsen an die Schweizer Familie Reinhart zu zahlen, von der Barlach seine Anteile erworben hatte.
Bisher sei hat Barlach das Geld nicht bezahlt, weil er gegen das Urteil Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt hat. Nun wolle Andreas Reinhart die Vollstreckung der ihm zustehenden Summe „mit entsprechendem Nachdruck“ vorantreiben, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.
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