Jan-Philipp Sendker lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in Potsdam. Von 1987 bis 2005 war er Redakteur beim „Stern“. 2002 erschien sein erster Roman „Das Herzenhören“ bei Blessing. Mittlerweile hat er vier Romane veröffentlicht, die alle in Asien spielen. Foto: © Florentine Sendker
Die meisten deutschen Schriftsteller träumen vergeblich davon, in den USA wahrgenommen zu werden, Sie haben das mit Ihrem ersten Roman geschafft, den der Großhandelsriese Costco gerade zum Buch des Monats gemacht hat. Verraten Sie Ihr Erfolgsrezept?
Das gibt es nicht. Stattdessen kann ich nur die Erklärung anbieten, dass ich das Buch unbedingt in den USA veröffentlicht sehen wollte, und dafür habe ich viel getan. Tief im Innern war ich immer sicher, dass „Das Herzenhören“ dort seine Leser finden würde. Der Roman ist auch ein Stück Amerika, ich habe ihn dort geschrieben, eine der Hauptfiguren kommt aus New York.
Es hat zehn Jahre gedauert, bis Ihr Roman „The Art of Hearing Heartbeats“ in den USA erschienen ist. Sind Sie ein geduldiger Mensch?
Ich war von meiner Sache überzeugt und habe nicht aufgegeben. Naiv war ich auch. Als „Das Herzenhören“ 2002 bei Blessing erschien, habe ich von 60.000 verkauften Exemplaren in zwei Monaten geträumt – 6000 waren es in den ersten zwei Jahren. Im Laufe der Jahre sind daraus zwar über 700.000 in allen Formaten geworden, aber damals war ich schon sehr deprimiert. Und dann meine Anfrage in der Lizenzabteilung von Random House in München. „Das möchten viele Autoren, Herr Sendker“, kam es trocken von Bettina Breitling auf mein Anliegen, in den USA veröffentlicht zu werden.
Also bin ich mit 20 Hardcovern der deutschen Ausgabe nach New York geflogen und habe bei den Verlagen Klinken geputzt, natürlich vergeblich. In jener Zeit habe ich viel darüber gelernt, wie das US-Verlagsgeschäft funktioniert. Dass zum Beispiel ohne englisches Exposé gar nichts geht und ohne Literaturagent noch weniger. Ich habe mir dann einen Übersetzer gesucht und aus eigener Tasche bezahlt.
Wie sind Sie auf Ihren US-Verlag Other Press gestoßen?
Durch einen reinen Zufall. Ein guter Freund von mir kam aus Boston zurück und erzählte, dass er eine Verlegerin getroffen hatte, der ich doch mal die Übersetzung schicken könnte. Zu diesem Zeitpunkt waren mehr als sieben Jahre ins Land gegangen und ich hatte nichts zu verlieren. Other Press ist einer jener kleinen US-Verlage, die für Übersetzungen offen sind und viel für ihre Autoren tun. Als Judith Gurewich mich unter ihre Fittiche nahm, meinte sie, dass sie mit 5000 verkauften Exemplaren hoch zufrieden wäre. Jetzt sind wir bei rund 200 000, fast ausschließlich durch Mundpropaganda, die Judith geschickt gesteuert hat.
Warum haben Sie den Journalismus aufgegeben und sind Schriftsteller geworden?
Ich wollte immer Schriftsteller werden, schon als 13-Jähriger. Der Journalismus war ein sehr lohnenswerter Umweg. Die fünf Jahre als „Stern“-Korrespondent in Amerika und vier Jahre in Asien waren eine sehr schöne Zeit. Doch jetzt mache ich genau das, was mir Spaß macht und kann davon auch noch gut leben. Ich glaube, das sagt alles.
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