Der Einzelhandel hat viel von seiner Anziehungskraft verloren. Die Corona-Einschränkungen haben die Krise der Einkaufsstraßen verschärft. Die Stadtforscherin Marion Klemme erklärt, warum dies auch eine Chance ist.
Auch diese Krise ist nicht neu. Dass Innenstädte und der sie prägende Einzelhandel vielerorts an Attraktivität und Wirtschaftlichkeit verlieren, ist ein Befund, der trotz prägnanter Prognosen, wie der des Sterbens von 50.000 Läden, lange zu wenig Drama hatte. Die Erosion und der Funktionsverlust des Innenstadthandels durch die Online-Versender vollzog sich zu langsam, um außer Visionen und ein paar Leuchtturmprojekten Bewegung in die City zu bringen. Händler waren bemüht, mit dem Tempo und den Services von Amazon mitzuhalten. Namentlich der Buchhandel hat seine Aufenthaltsqualität erhöht und folgt der Philosophie des „dritten Ortes“.
Stadtplaner wie Wolfgang Christ haben (auch im buchreport) viele Reaktionen des Handels als kurzfristige Anpassungen gegeißelt und dafür plädiert, die Innenstädte grundlegend neu zu denken.
So wie die Coronakrise mit ihren Lockdowns und Einkaufsbeschränkungen dem Online-Handel noch einmal einen richtigen Schub gegeben hatte, so hat sie den Innenstadthandel jetzt umso kräftiger ausgebremst und seine Krise beschleunigt. Auch die Wiederöffnung von Läden und Einkaufszentren jeweils im Frühjahr und Sommer 2020 und 2021 haben für keine grundlegende Erholung gesorgt. Die strukturellen Probleme konnten vielfach auch nicht durch staatliche Stütze abgefangen werden. Kaufhauskrise und zahlreiche Ladenschließungen waren die Folge.
„Jetzt kann keiner mehr weggucken“, sagt die Stadtforscherin Marion Klemme im buchreport-Interview. Vorher war der Strukturwandel eher schleichend, jetzt aber werde klar: Der ganze Standort ist betroffen und alle müssen umdenken und sich zusammenraufen.
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