Im jungen E-Book-Markt treffen derzeit kleine Erlöse mit divergierenden Interessen zusammen: Streit um Rabatte, Honorarquoten und vor allem über den angemessenen Preis des E-Books.
Bei den E-Book-Fragen gab es auf der Frankfurter Buchmesse keinen Durchbruch: „Der Markt ist noch so jung und unausgegoren klein, dass jeder im Nebel stochert, ob Agenten, Verlage oder Händler“, resümiert Jonny Geller, Buchchef der Londoner Agentur Curtis Brown. Besonders skeptisch zeigen sich weiterhin deutsche Verlage, berichtet Sebastian Ritscher von der Zürcher Agentur Mohrbooks: „Das Thema provoziert immer noch genervte Stoßseufzer.“ Deutsche Verlage zeigen sich zudem häufig nicht bereit, mehr als 20% Autorenhonorar zu zahlen; als internationaler Standard werden 25% gefordert.
Attraktive versus paritätische Preise
Die von buchreport befragten Literaturagenten spiegeln die vielen Unbekannten in der Rechnung wider und die aufgefächerte Meinungsbandbreite:
- „Die E-Book-Preise sind in Deutschland zu hoch, so lässt es sich nicht verkaufen“, findet etwa Joachim Jessen von der Literarischen Agentur Schlück (Garbsen). Die Kostenpolitik der Verlage sei „völlig undurchsichtig“.
- Der New Yorker Agent Andrew Wylie bekräftigt unterdessen seine Forderung, „dass Verlage sich nicht dem Druck der öffentlichen Erwartung oder des Handels beugen, sondern auf strikter Parität der Preise von E-Book und Printausgabe beharren und auch E-Book-Lizenzvorschüsse zahlen sollen.“
- Robert Gottlieb, Chef der New Yorker Agentur Trident Media, will den Preis der Erstverwertung oben halten: „Wir wollen nicht, dass billige E-Books gegen ein gerade erschienenes gedrucktes Buch antreten. Deshalb fordern wir die Verlage auf, eine preisgünstigere digitale Ausgabe erst mit einer zeitlichen Verzögerung von vier bis sechs Monaten herauszubringen, ähnlich wie beim Taschenbuch.“
Dass zumindest Taschenbuch-Preise ein realistisches Konzept für E-Books sind, findet Lübbe-Produktionschefin Andrea Tenorth, nachdem die Hardcoverpreise kaum akzeptiert werden: „Wir haben einen wunderbaren Fundus an Taschenbuch-Originalausgaben, die wir für 9,90 Euro verkaufen. Diese Taschenbücher sind dafür prädestiniert, als E-Book zeitgleich zu kommen und einen Zusatzmarkt zu erschließen.“
Neue Bewegung wird offenbar erst in die Diskussion kommen, wenn das Geschäftsvolumen wächst und/oder die großen Online-Player Amazon und Google sowie Elektronik-Riese Apple ihre Geschäftsmodelle forcieren, die sich nicht unbedingt an Buchmarkt-Usancen orientieren. „Wir brauchen Antworten der Verlage, wie sie mit der digitalen Herausforderung umgehen wollen“, hat Literaturagent Johnny Geller in einem Interview mit der Peitsche gewunken, „oder es endet damit, dass wir ihren bisherigen Job tun.“
Digitale Auslieferungen formieren sich
Die technischen Vorbereitungen in der deutschen Branche sind unterdessen weit gediehen. Viele Verlage sind mittlerweile von der Infrastruktur so weit aufgestellt, dass neue Bücher relativ unaufwendig auch als E-Book produziert werden können. Auch die digitale Auslieferung bekommt Konturen: Nachdem kürzlich die Vereinigte Verlagsauslieferung (VVA) mit Sebastian Posth den Geschäftsführer der digitalen Verlagsauslieferung Zentrale Medien (Bochum) abgeworben hatte, übernimmt der Buch-Großhändler KNV gleich das ganze Unternehmen Zentrale Medien zum Jahreswechsel, um das E-Dienstleistungsangebot von KNV und der Verlagsauslieferung KNO zu erweitern.
Aus buchreport.express 43/2009
Verlage werden ihre Pfründe wohl kaum aus der Hand geben. Sie könnte wirtschaftlich kaum mehr überleben.
Solange Bücher, natürlich auch die elektronische Variante, preisgebunden sind wird ein legaler Markt nie entstehen. Und das ist gut so. Der Wert des Buches (Inhalt) ist auf Dauer geschützt und kann nicht raubkopiert werden.
Der substanzielle Wert sollte eigentlich das Werk sein und dessen materielle oder immaterielle Darbietungsform zweitrangig.
Aber nein: Längst geht es nur mehr um Content in den Verwertungsketten. Und so wenig eigentlich gegen auch die unumgänglich betriebswirtschaftlichen Aspekte eines Marktes sprechen sollte, ist die Literatur oder Sachwissen, oder Bildung, oder alles Höherwertige an ideellem Gedanken scheinbar eine Minderkategorie geworden, ein marginales Moment.
Klar, wenn Millionen Erwachsene lieber Zauberer- oder Blutsaugergeschichtchen lesen wollen und nur mehr das Gesetz der großen Zahl bestimmt, dann wird es zwischen all dem Infantilismus und Merkantilismus auch schwieriger das Bewusstsein für Charakter und Wertigkeiten der eigentlichen Ware hochzuhalten. Wieso aber bei all den Umbrüchen ausgerechnet die Vertriebskanäle oder Warenformen so auf ihre Althergebrachtheit zu pochen vermögen bzw. teils irrationale Widerstände hervorrufen, das ist schon seltsam. Die Märkte scheinen sich bei all ihrer Selbstreferenz manchmal im Unklaren über ihre Seinsberechtigung. Der – von seinem Ursprung her gedachte, emphatische – Text, überlebt so oder so. Der Rest ist Kannibalismus.
Ich denke der E-Book-Markt wird z.Z. unterschätzt. Wenn mehr Firmen erkennen wie groß der Markt ist werden die Preise sinken.
Mir ist ein echtes Buch (noch) lieber!
Leider hat es Amazon in den USA unter dem Eindruck von I-Tunes vorgespielt, geistiges Eigentum gleich zum vornherein als Ramschware auf den Markt zu werfen, einzig um Marktanteile für deren proprietäten Reader zu gewinnen. Wir sollten uns hüten die Wertschöpfung bei ohnehin zu preiswerten Bücher mit allzubilligen E-books weiter zu unterminieren. Andrew Wylie hat nicht unrecht, doch denken wir ein Preisnachlass bis zu 15% gegenüber der HC-Erstveröffentlichung kann man rechtfertigen. Später sollte der Preis nicht unter den Preis der TB Ausgabe sinken. Den Verlagen sei ins Stammbuch geschrieben, sich mit Billig-Aktionen endlich zurückzuhalten – diese unterminieren unsere Buchpreise und sind allenfalls Umsatzbooster – tragen aber zur Wertschöpfung bei Verlagen und Autoren nicht bei.
Nachdem Amazon eingangs erwähnt worden ist zu Sony: Diese Geräte sind technisch von Vorgestern und die Einführung in Deutschland des PRS-505 wird zu grossen Entäuschungen führen, schon im Frühjahr war in den USA ein leicht besseres, wenn auch nicht überzeugendes Gerät vorhanden. In den USA dachte man wohl den Eingeborenen von „Old Europe“ auch alte Kamellen andrehen zu können. Das wird den E-books nicht geholfen haben.
Über angemessene Honorare führen wir mit den Verlagen Gespräche.
Peter S. Fritz, Literaturagent, Zürich