Während viele Buchhändler und Verlage über das schlechte erste Halbjahr klagen, zeigt sich der Chef der deutschen Tokyopop-Dependance Joachim Kaps (Foto: Mitte) zufrieden. Im Interview erklärt der Hamburger, warum der Verlag wächst, wie der Manga-Spezialist Nachwuchsprobleme und Überproduktion kontert und wann das erste E-Manga der Hamburger auf den Markt kommt.
Während der gesamte Buchhandel im ersten Halbjahr deutliche Einbußen verzeichnet hat, melden Sie stattliche Zuwächse. Was machen Sie richtig?
Es gibt zwei Manga-Verlage, die aktuell stark wachsen, neben Carlsen eben Tokyopop. Beide Verlage haben in den vergangenen eineinhalb Jahren die Programme optimiert.
Die Überproduktion abgebaut?
Ja, die ist korrigiert worden. Außerdem haben wir die Produkte stärker auf einzelne Zielgruppen hin zugeschnitten: Es gibt beispielsweise Bücher speziell für die Mangaleser der ersten Stunde oder verstärkt auch für Mädchen – ein Segment, das bei uns bisher unterrepräsentiert war.
Warum entwickeln sich andere Comics und Mangas so unterschiedlich?
Das sind weiterhin unterschiedliche Märkte. Wir steuern mit Mangas eine viel jüngere Zielgruppe an, während die klassischen Comics leider noch immer Nachwuchsprobleme bei den Lesern haben. Die Graphic-Novel-Programme tragen zwar dazu bei, das Image des Comics zu verbessern, sind aber dezidiert auf ältere Leser ausgerichtet und bis auf wenige Titel und trotz vieler Bekundungen kein Massenphänomen.
Sind die aus dem Kino bekannten Superhelden-Comics ein Köder?
Die Filme sind ein schönes Erlebnis für die moderne Familie, aber zum Sprung in Richtung Comic-Heft setzen nur wenige Zuschauer an. Auch in den USA hat sich das Superhelden-Segment zwar stabilisiert – aber kein Vergleich zu den Zuschauerzahlen in den Kinos.
In den USA hat Tokyopop im Frühjahr die Zelte abgebrochen. Mit welchen Auswirkungen für den deutschen Standort?
Wir haben sehr bedauert, dass das US-amerikanische Office geschlossen und das Programm beerdigt wurde. Aber die Außenbedingungen des US-Markts waren ganz andere, als hier – zumindest im Moment noch – herrschen. Wir konnten besonders unseren japanischen Geschäftspartnern die Unsicherheit nehmen. Was sich bei uns als positive Konsequenz ergeben hat: Wir haben die internationale Verwertung der Rechte an den Titeln unserer amerikanischen Schwester sowie der Bücher des japanischen Partners Gentosha Comics übernommen.
Japanische oder US-Verlage sind bei der elektronischen Verwertung ihrer Substanzen weiter als die deutschen. Was planen Sie?
Wir haben uns im ersten Halbjahr stark auf unser Buchgeschäft konzentriert. Jetzt folgen aber mehrere Offensiven: Im Juli starten wir für unseren Autor David Füleki ein eigenes Portal (mangamadness.de), das zu einer Community heranwachsen soll. Daneben werden wir im Herbst unser ersten E-Manga auf den Markt bringen, ganze Hefte sowie einzelne Kapitel. Wir wollen, wie die japanischen Verlage, diese digitale Publikation auch als Modell der Vorveröffentlichung begreifen. Im kommenden Jahr werden wir zum Online-Comic „Wormworld Saga“ von Daniel Lieske die weltweite Print-Vermarktung übernehmen.
Macht Ihnen der Self-Publishing-Boom Sorgen?
Nein. Gerade im Comic-Bereich hatten die Autoren schon immer die Option, ihre Werke selbst zu vermarkten, aber viele unserer Autoren wollen sich mit Druck, Marketing und Lagerhaltung nicht beschäftigen – vom reinen E-Comic-Geschäft lebt noch keiner.
Die Fragen stellte Daniel Lenz
Zur Person: Joachim Kaps
ist seit der Gründung im Jahr 2004 Managing Director der Tokyopop GmbH. Zuvor arbeitete der Wiesbadener ab 1996 als Redakteur beim Carlsen Verlag, zwei Jahre später wurde er Chefredakteur und Anfang 2001 zum Verlagsleiter des Geschäftsbereichs Comic im Carlsen Verlag ernannt.
Die Fotos zeigen Impressionen der Veranstaltung „AnimagiC 2009“
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