Der Hamburger Buchhändler Daniel Lager (Bücherstuben Hamburg Nord) schildert in einem offenen Brief auf Facebook seine schwierige Geschäftssituation in der Corona-Krise – und appelliert an seine Kunden, weiter Bücher bei ihm zu bestellen.
Hier das Schreiben im Wortlaut:
„Liebe Freundinnen und Freunde der Bücherstuben,
hier kommt eine kleine ‚Ansprache‘ von mir als Inhaber. Daniel Lager ist mein Name, für alle, die‘s noch nicht wissen. Ich bin wirklich richtig gerne Buchhändler. Ich liebe diesen Beruf, die Branche, Bücher und meine Mitarbeiter und Kollegen. Lesen ist super! Aber dennoch ist es schwer. Liebe allein reicht eben nicht, um ein Geschäft zu betreiben…
Ich bin immer für Transparenz und will deswegen eben erklären und offenlegen, warum es überhaupt, aber auch gerade in der jetzigen Situation für uns sehr schwierig ist.
Im Buchhandel arbeiten wir mit preisgebundenen Artikeln, d.h. ein Buch kostet, was es kostet. Der Preis wird vom Verlag festgelegt. Unser Verdienst entsteht dadurch, dass wir von den Verlagen auf diesen festgelegten Preis Rabatt bekommen, den wir nicht weitergeben dürfen. Das bedeutet, dass z.B. bei einem 10-Euro-Taschenbuch € 6,- an den Verlag gehen und € 4,- bei mir bleiben.
Je mehr Bücher ich beim einem Verlag bestelle, desto höher wird mein Rabatt, d.h., je größer der Händler, desto größer der Rabatt (ich sage nur Amazon oder Thalia…). Und nein, ich kann die Bücher nicht erst bezahlen, wenn sie verkauft sind, sondern muss sie bezahlen, kurz nachdem ich sie bekommen habe.
Im zahle meinen Mitarbeitern nicht Mindestlohn, sondern nach Tarif. Das ist nicht wirklich viel, aber doch jeden Monat ca. € 12.000,- (und jeder, der uns kennt, weiß, wie oft bei mir nur ein einzelner Mitarbeiter im Laden steht). Dazu kommen ca. € 4.000,- Miete und weiterer Klimperkram. Alles in Allem sind das ca. € 18.000,- fixe Kosten jeden Monat.
Ich müsste also monatlich z.B. allein 4.500 Taschenbücher oder 2.300 Hardcover verkaufen, um diese Kosten zu decken. Das sind bei durchschnittlich 21 Geschäftstagen pro Monat also jeden Tag zw. 170 und 220 Büchern.
An einem Standard-Tag, an dem beide Läden geöffnet haben und der nicht in die Weihnachtszeit fällt, kommen zw. 80 und 110 Kunden zu uns in beide Läden zusammen. Mit dem dadurch gemachten Umsatz ist das o.g. Geschäftsmodell gerade eben finanzierbar. Es bleibt nix übrig, aber es geht meistens irgendwie.
Diese Corona-Tage sind nicht ‚Standard‘, die Läden sind nicht geöffnet. Dadurch, dass keine oder nur wenige Kunden zu uns kommen können oder dürfen, sind unsere Möglichkeiten sehr begrenzt – Online-Bestellungen und Lieferservice sind das einzige, das überhaupt noch geht. Und im Moment sind es nur etwa 60 bis 90 Bücher am Tag, die durch unsere Hände gehen, also nur etwa 1/3 des ’nötigen‘ Durchsatzes. Ich möchte allen von Herzen danken, dass das so klappt. Aber wir können mehr!
Ihr als Kunden habt es in der Hand, ob es auch nach Corona noch Läden wie die meinen in Deutschlands Städten geben wird. Ihr allein könnt entscheiden, ob Ihr das 10-Euro-Taschenbuch bei einem amerikanischen Großunternehmen bestellt oder beim Händler um die Ecke. Ihr allein könnt mit Eurer Bestellung dazu beitragen, dass ich und andere Kleinkrämer genug Bücher oder andere Waren zum Überleben ausliefern dürfen oder bald pleite gehen.
Meine Mitarbeiter, denen ich für ihren Einsatz und ihre Verlässlichkeit und Treue ebenfalls von Herzen danken möchte, und ich sind jedenfalls für Euch da. Jeden Tag. Und wir freuen uns über mindestens 170 bestellte Bücher am Tag.
Danke!“
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