Der Medienriese Bertelsmann geht mit dem angestaubten und bereits punktuell geöffneten Geschäftsmodell Club Bertelsmann in die Offensive: Die Mutter DirectGroup Germany lässt ihre Club-Flächen flächendeckend zu einer neuen Schmalspur-Buchhandelskette mutieren. Im Interview zeigt Club-Chef Bernd Schröder, wie der Spagat zwischen alt und neu gelingen soll.
Mit der Öffnung der Club-Filialen erweitern Sie Ihre Zielgruppe. Andererseits verliert die Club-Idee an Profil, was die alten Kunden vielleicht nicht mögen werden. Wie kann der Spagat gelingen?
Ganz im Gegenteil: Die bestehenden Kunden und unsere Mitglieder erleben ihren Vorteil ab Juli bei jedem Kauf noch viel deutlicher. Denn die sehen, welchen Preis Laufkunden für dasselbe Buch bezahlen. Das Prinzip „ein Buch, zwei Preise“ ist eine Schärfung unserer Alleinstellung. Und dazu kommt: Das Sortiment wird deutlich aktueller und somit attraktiver.
Bertelsmann will aktuell nicht ins Club-Geschäft investieren. Wie machen Sie die neue Offenheit mit wenig Geld publik?
Wir haben 226 Filialen in ganz Deutschland. Die Kolleginnen und Kollegen in diesen Filialen freuen sich sehr – oder besser: brennen darauf, mehr Kunden als bisher ihre Bücher zu verkaufen. Das können sie ab Juli tun. Und dies werden wir mit Eröffnungsaktionen vor allem bei den neuen Zeilenreich-Filialen auch deutlich sichtbar machen. Dazu kommt: Wir haben zwei Millionen bestehende Kundenbeziehungen und einen Katalog mit sehr hoher Auflage. Wir brauchen keine Millionenkampagne.
In Frankreich ist der Ausflug von Bertelsmann in den normalen Buchhandel misslungen. Worauf kommt es jetzt in Deutschland an, damit die Neuausrichtung gelingt?
Eine Analyse des französischen Konzepts würde dieses Interview sprengen. Aber so viel: Wir kaufen ja nicht wie die Kollegen mehrere Ketten, um sie zusammenzuschmieden. Wir setzen vielmehr unsere bestehenden Kompetenzen – Beratung, Empfehlung und Preis – ein, um sie künftig mehr Kunden und noch einfacher anzubieten. Wir schaffen die Eintrittsbarriere Mitgliedschaft ab. Und wer bei uns in der Filiale ist, wird hervorragend beraten und kann alles kaufen. Damit werden wir viele neue Kunden überzeugen.
Sie haben den Filialbestand schon stark gekürzt, wo wird sich die Zahl der Filialen einpendeln?
Unsere Haltung und auch unser Handeln im Filialbereich bleibt bestehen: wenn eine Filiale sich nach allen Analysen und Optimierungen nicht profitabel betreiben lässt, dann werden wir auch künftig Filialen schließen. In diesen Fällen kommt dem Partnergeschäft eine besondere Rolle zu: Wenn in einer Stadt ein anderer Einzelhändler eine Buchhandelsfläche in seinem Laden einrichten möchte, können wir ihn in unser Partnersystem mit zeilenreich oder Der Club einbinden.
Neben den neu ausgerichteten Club- und Zeilenreich-Filialen experimentieren Sie mit Shop-in-Shop-Ansätzen auch mit branchenfremden Partnern. Wie tragfähig sind diese Experimente? Worauf legen Sie künftig den Fokus (eigenständige Filialen oder Shops-in-Shops)?
Beide Ansätze haben ihre Vorteile, und beide Wege werden wir weiter gehen. Das hängt von den Details, also Rahmenbedingungen wie Lage, Kundenbestand, Konkurrenz ab. Diese parallele Vorgehensweise funktioniert seit Jahrzehnten erfolgreich.
Sie haben es 2010 geschafft, den deutschen Club wieder profitabel zu machen. Wie ist die Prognose für 2011?
Wir geben keine konkreten Finanz-Prognosen an – schon gar nicht zu einem so frühen Zeitpunkt im Jahr. Was ich heute sagen kann: Wir haben mit 1.200 Mitarbeitern monatelang hart an dieser Öffnung gearbeitet. Für die Außenwelt sind ja nur die neu strukturierten Filialen, mehr Zeilenreich und die neuen Websites zu sehen. Wir haben im Haus an unzähligen Punkten analysiert, gelernt, umgestellt, neu zusammengesetzt und auch ganz viel vereinfacht und effizienter gemacht. Jetzt legen wir zum 1.7. los. Über Zahlen sprechen wir dann nach diesem Geschäftsjahr.
Die Fragen stellte Daniel Lenz
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