Charlie Redmayne, der CEO von HarperCollins UK und seit dem Sommer Präsident der britischen Publishers Association (PA), ist Keynote-Redner der Konferenz „The Markets“, die am morgigen Dienstag die Frankfurter Buchmesse einläutet. Im buchreport-Interview spricht er über aktuelle Herausforderungen der britischen Buchbranche: Digitalisierung und Brexit.
HarperCollins hat vor allem in Großbritannien früher als viele andere Publikumsverlage damit begonnen, digitale Geschäftsmodelle auszutesten und bei den Verwertungsstufen an Stellschrauben zu drehen. Wohin geht die Reise?
Ich finde, das Verlagsgeschäft war lange nicht mehr so spannend wie heute. Die Digitalisierung ist eine spannende Herausforderung, weil sie mittlerweile so viele Möglichkeiten öffnet, Inhalte weitreichend zu präsentieren und zu vermarkten, egal ob Podcasts, Blogs oder E-Books. Verlage, die sich nicht proaktiv und experimentell mit diesen Plattformen und neuen Geschäftsmodellen auseinandersetzen, machen einen großen Fehler.
Und wo bleibt der Buchhandel?
Content auf so viele Plattformen wie möglich zu stellen, heißt nicht, traditionelle Vertriebswege darüber zu vernachlässigen. Für HarperCollins ist der stationäre Buchhandel weiterhin ein ganz wichtiger Partner, dessen wirtschaftliche Bedeutung ich gar nicht genug betonen kann. Es gibt trotz fortschreitender digitaler Möglichkeiten kein entweder oder, sondern nur ein Miteinander. Ich erinnere mich noch gut an die erste E-Book-Hysterie und die Schwarzseher, die Printbücher und Buchhandlungen zur aussterbenden Spezies machen wollten. Beiden Formaten geht es heute gut.
In weniger als einem halben Jahr verlässt Großbritannien die Europäische Union. Welche Konsequenzen sehen Sie?
Das hängt natürlich davon ab, wie sich der Ausstieg gestaltet, aber ich bin sicher, dass es letztlich zu einem wie auch immer gearteten Deal kommen wird. Beide Seiten haben zu viel zu verlieren, um Brexit im Chaos enden zu lassen. Bei uns im Verlag haben wir in den letzten Monaten viele Szenarien hypothetisch durchgespielt, um für alle Fälle gerüstet zu sein. Die freie Wahl des Arbeitsplatzes ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Thema. HarperCollins UK beschäftigt viele Mitarbeiter aus EU-Ländern, auf die wir auf keinen Fall verzichten wollen.
Ist es angesichts von Brexit ein Vorteil oder Nachteil, dass die großen Verlagsgruppen auf der Insel überwiegend in ausländischer Hand sind?
Ich glaube, dass es ein handfester Vorteil ist. Wir denken von vornherein global, haben Zugang zu vielen internationalen Märkten und können zum Beispiel Spitzenautoren eine länderübergreifende Bühne geben. Das wird sich durch Brexit nicht ändern, sondern eher noch verstärken.
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