Von der viel beschworenen Verschmelzung von Spielen und Büchern ist auf der diesjährigen Gamescom nichts zu sehen. In den Messehallen protzen die Games-Publisher mit riesigen Aufbauten, die für die neuen Spiele-Produkte werben. Ohrenbetäubende Bassläufe fast an jedem Stand sorgen für eine Geräuschkulisse wie bei einem Rammstein-Open-Air-Konzert, gegen die die Frankfurter Buchmesse ein Kammerkonzert ist. Hier und da ist bei den Games-Produzenten in einer Vitrine ein Buch zu sehen, das die Auskopplung des umwummerten Spiels zeigt. Doch die Aufmerksamkeit der Besucher richtet sich fast ausschließlich auf die zahlreichen Monitore, auf denen die Firmen die Früchte ihrer Kreativköpfe präsentieren.
In einer ruhigen Ecke der Halle 4.1, am Stand des Bundesverbandes der Computerspielindustrie G.A.M.E., sitzt Britta Friedrich, bei der Frankfurter Buchmesse für den Dialog mit der Medien- und Entertainmentwelt zuständig. Im Interview mit buchreport.de skizziert sie attraktive Zukunftsszenarien, in denen Buch-Verlage mit Games-Publishern Projektteams gründen, die gemeinsam Spiel und Buch konzipieren. Berichtet von Games-Publishern, die Bücher zu ihren Spielen auskoppeln wollen, in Eigenregie oder auf der Suche nach Unterstützung von Buch-Verlagen. Räumt aber ein, dass es noch Berührungsängste zwischen den Branchen gebe. Diese müssten erst eine gemeinsame Sprache finden.
Aber: Das Interesse sei da, was sich daran zeige, dass auch Spiele-Experten zur Frankfurter Buchmesse anreisten – das sei vor Jahren noch undenkbar gewesen. Die Buchmesse versuche mit dem Programm „StoryDrive“, den Dialog zu unterstützen.
Fernab der Games-Giganten Activision, Electronic Arts, Microsoft und Warner Bros zeigt dann doch ein Verlag in Köln Flagge: Panini aus Stuttgart, in einer nur halb mit Ständen gefüllten Halle, die zumindest am Fachbesucher-Tag verwaist wirkt. „Hier sind wir bei unserer Zielgruppe und zeigen unsere Computer-Comics und -Romane“, sagt Steffen Volkmer, Sprecher von Panini. Der Verkauf sei in den großen Messehallen nicht möglich, deshalb sei Panini abseits platziert worden. Neben dem Verkauf am Stand seien auch die Lizenz-Gespräche der Kollegen in Köln für den Verlag wichtig. Dabei gehe es stets um Bücher, die zu Games ausgekoppelt werden; in Gegenrichtung (Games aus Buchstoffen) sei aktuell nicht viel los. „Es ist schwierig, die Spiele-Hersteller zu begeistern, sie sehen sich selbst eher als die Kreativzellen“, erklärt Volkmer.
Deren schöpferischer Output lässt sich in diesem Jahr mit drei Stichwörtern zusammenfassen:
Mobile Gaming: 2011 sei das Jahr der mobilen Spiele, diagnostiziert der Branchenvereband BIU. Nicht nur gebe es bei den mobilen Konsolen einen Generationswechsel (im Frühjahr die Nintendo 3DS, in Kürze der in Köln gezeigte PSP-Nachfolger PlayStation Vita) – 2010 wurden laut BIU 10 Mio Spiele für mobile Konsolen verkauft, was einen Umsatz von 230 Mio Euro ergebe. Daneben boomt das Geschäft mit Spielen für Smartphones und Tablet-Computern, die zum „Volkssport“ (BIU) avanciert seien. Im vergangenen Jahr spielten die Spiele-Apps schon 34 Mio Euro in die Kassen.
Online-Spiele: Während das Marksegment der PC- und Konsolenspiele schwächelt, legen Online- und Browser-Games stark zu, 2010 mit zweistelligen Zuwächsen. Nach einer Hochrechnung des BIU sind die Umsätze in diesem Segment im ersten Halbjahr um 15% auf 154 Millionen Euro gestiegen. Knapp jeder vierte Deutsche über zehn Jahre spiele im Internet.
Bewegung: Ein Jahr nach der Markteinführung der neuen Steuerungssysteme „Move“ und Kinect“ haben die Games-Publisher zahlreiche Spiele im Portfolio, beispielsweise Tanz- und Fitness-Spiele.
Die im nachfolgenden Video festgehaltenen Eindrücke untermauern besonders, dass die Gamer von heute nicht mehr (nur) vor dem Computer oder der Konsole sitzen, sondern (Licht-)Schwerter und Tanzbeine schwingen. Und Bewegung ist das Stichwort, das im Dialog von Buch- und Gamesbranche angesagt ist.
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