Nobelpreis für Alice Munro / Porträt des Dörlemann Verlags
Wohlgestaltet in der Nische
Alice Munros Schweizer Statthalterin Sabine Dörlemann
Am heutigen Dienstag werden die Nobelpreise in Oslo verliehen. Anlässlich der Auszeichnung von Alice Munro mit dem Literatur-Preis (Munro wird selbst nicht in Oslo sein) porträtiert buchreport Munros Schweizer Verlag Dörlemann.
Die Züricher Buchszene ist besonders in den Stadtkreisen Hottingen, Hirslanden und Seefeld ausgesprochen vital. In wenigen Straßenbahnminuten gelangt man zu Buchhandlungen wie Hottingerplatz, Hirslanden oder Bücherparadies. Das Literaturgeschehen wird durch die neue Gesprächsreihe „Hottinger Literaturgespräche“ mit Charles Linsmayr oder die Lesungen in der neu gegründeten „Kassette“ an der Wolfbachstraße belebt. Auch die hier ansässigen Verlage wie Diogenes, Dörlemann, Nagel & Kimche, Rüffer & Rub/Römerhof oder auch Wolfbach zeigen sich nach wie vor produktionsfreudig.
Dörlemann sieht sich im Jahr seines zehnjährigen Jubiläums auf einer Anerkennungswelle dank des Schweizer Buchpreises für Jens Steiner und des Literatur-Nobelpreises für Alice Munro, die zum Großteil bei S. Fischer erscheint. Verlegerin Sabine Dörlemann, die Anglistik und Amerikanistik studiert hat und Munro schon lange kennt und schätzt, hatte recherchiert, dass die ersten beiden Bücher der Kanadierin nie auf Deutsch erschienen sind und die Rechte für „Tanz der seligen Geister“ und „Was ich dir schon immer sagen wollte“ gesichert.
Vertrauen in den Fachhandel
Verlegerische Fortune ist stets willkommen. Braucht aber nicht auch ein Kleinverlag in Umbruchzeiten eine Strategie über das gute Gespür hinaus? „Wohlgestaltet und schön“ sei von Anfang an das Motto für ihre Bücher gewesen, erklärt Dörlemann. Dabei soll es bleiben, auch wenn zusätzlich die digitale Option genutzt wird: Seit vergangenem Herbstprogramm erscheinen die wichtigsten Titel zeitgleich zu den bibliophil ausgestatteten Hardcoverausgaben auch als E-Books. Nach und nach soll die gesamte Backlist digitalisiert werden. Auch überlegt die Verlegerin, den Hardcover-Ausgaben gleich das E-Book beizugeben, wie dies bereits von Kein & Aber sowie Salis gehandhabt wird.
Im Marketing setzt der Verlag auf eine Reihe von Veranstaltungen zu seinen aktuell ausgezeichneten Autoren Steiner und Munro, die Dörlemann auch ein breiteres Entre in Ketten- und Mainstream-Buchhandlungen verschaffen.
Entscheidend bleibt für Sabine Dörlemann aber die enge Zusammenarbeit mit den unabhängigen Buchhandlungen. Diese Partnerschaft bekräftigt der Verlag auch damit, dass er die Liste der Partnergeschäfte auf seiner Verlagswebsite stetig ausbaut. 80% des Umsatzes macht Dörlemann in Deutschland, 15 bis 18% im Schweizer Heimatmarkt.
Der gelassene Ton der Verlegerin provoziert die Frage nach ihrer Meinung zur generellen Zukunft des Buches. „Wenn man nicht an eine Zukunft glaubt, so hat man auch keine“, lässt sich Sabine Dörlemann nicht locken, verfolgt aber die Trends schon aufmerksam. Was die Zukunft der Branche angeht, so „liegen wir mit dem Ohr auf dem Boden“.
Ausgezeichnete Autoren: Sabine Dörlemann (52) hatte in den Verlagen Haffmans und Ammann gearbeitet, bevor sie 2003 ihren eigenen Verlag gründete. Der hat sich vor allem mit Übersetzungen internationaler Autoren profiliert.
Text: Urs Heinz Aerni / Foto: Barbara Dietl
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